Neverland

Gedichte von Pambos Kouzalis

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26.2. „Neverland“ – Künstler aus Zypern an der Berliner Volksbühne: In „Neverland“ gehen Musik, Lieder und Poesie eine kreative Verbindung ein. diablog.eu bringt als Vorgeschmack Gedichte und ein poetisches Statement von Pampos Kouzalis. Es handelt sich um die erste von vier Veranstaltungen aus der Reihe “Zyprische Miniaturen”, die sich seit vier Jahren in Berlin etabliert hat, organisiert von der Kulturabteilung der Botschaft Zyperns.

Gibt es Neverland oder ist es eine Utopie? Und wenn es Neverland gibt, wo befindet es sich? Irgendwo weit weg oder leben wir schon mittendrin? Sicherlich gibt es Neverland in unserer Vorstellung, aber sind wir sicher, dass mit den Augen der Seele alle den gleichen Ort unserer Träume sehen?
Lassen Sie uns versuchen, uns ihm durch die mittelalterlichen Klänge Zyperns, die traditionelle Musik und die Filmmusik zu nähern, um die Poesie von gestern und heute zu beleuchten, um direkt zu den Herzen zu sprechen.

Eleonora Roussou
Eleonora Roussou, ©Anni Michailidi

Costas Cacoyannis, Komponist: Klavier, Violine, Flöte, Klarinette, Gesang
Pampos Kouzalis, Dichter: Erzählung, Percussion
Eleni Irakleous: Komposition, Klavier, Gesang
Eleonora Roussou: Flöte, Klavier
Stelios Chatziktoris: Gast-Tenor

26. Februar 2016, Grüner Salon in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 20.00 Uhr
Benefizveranstaltungen für die McDonald’s Kinderhilfe Stiftung Berlin
EINTRITT: 10€, ermäßigt 7€
https://gruener-salon.tickets.de/de/events/7158-_NEVERLAND_-⁠1-⁠_ZYPRISCHE_MINIATUREN_2016
Veranstalter: Kulturabteilung, Botschaft der Republik Zypern

Eleni Irakleous
Eleni Irakleous, ©Anni Michailidi

Poesie in schwierigen Zeiten (Text und Gedichte von Pambos Kouzalis)

Wenn man sich fragt, was es in diesen schwierigen Zeiten für einen Sinn hat, Gedichte zu schreiben und herauszugeben, dann sollte man nicht sagen:
Was für eine Verschwendung! Mitten in einer solchen Krise wird so viel Paper, Tinte und Geist verbraucht. Warum kommen Dichter nicht aus ihren Elfenbeintürmen heraus und stellen sich dem Leben und seinen Herausforderungen? Glauben sie, dass sich hungrige Mägen mit Versen füllen lassen?

Ganz im Gegenteil:
Von den vielen Wortkaskaden, die heute fallen, werden nur einige wenige Worte übrigbleiben, nachdem man sie genau unter die Lupe genommen hat, nämlich die Worte der Dichter, die den Schmerz auf den Punkt bringen und ihn wieder ins Gedächtnis zurückrufen, damit man sich auch in Zukunft noch an ihn erinnert. Denn wenn man ihn vergisst, wird man von der Wahrheit vergessen.

Wir Dichter schreiben, damit wir gelesen werden. Wann immer unsere Texte gebraucht werden. Wann immer sie entdeckt werden. Auch wenn viele andere Dichter, die uns vorausgegangen sind, schon alles gesagt haben.

Wie einen werten und teuren Namen wiederholen wir das bereits Gesagte mit eigener Stimme, in eigenem Namen, dringen immer wieder zum Wesentlichen vor und sind stolz darauf, Erben einer reichen Tradition zu sein und nicht nur Bittsteller und Empfänger kurzfristiger ausländischer Leihgaben.

Costas Cacoyannis
Costas Cacoyannis, @Anni Michailidi

Lampedusa

Auffanglager von Zugvögelseelen
Amira aus Aleppo
lässt die wutschäumenden Wellen nicht aus den Augen,
will Flüstern finden, schlaflose Schreie,
doch die körperlosen Gestalten entschwinden,
danach diffuses Zwielicht
zwischen Vergessen und Verlangen.
Ihre überschüssigen und trägen Tränen
schließt sie in den silbernen Salbtiegel.
Morgen ist ein neuer Tag, ein lichtloser.
Herrscher Schlaf, sprich zu uns die ganze Nacht,
damit keiner einschläft und wir vom Weg abkommen.
Fast sind wir da.

Wolf

Nach Sonnenuntergang
werde ich zur Bestie.
Als Wolf schleiche ich durchs Haus,
ein Gefangener.
Im Hof rufen die Schakale,
ich möge mitkommen.
Ich heule aus tiefster Kehle,
bis zur Erschöpfung.
Ein gewisperter Gutenachtgruß,
man könnt mich ja hören,
und dann schlaf ich ein.

Pambos Kouzalis
Pambos Kouzalis, @Anni Michailidi

Lehm

Das Lehmhaus,
ja,
im geliebten Regen soll es zerfließen,
dann form ich es neu,
hülle mich selbst in Lehm bis zu den Augen,
werde zu meinem eigenen Haus,
im geliebten Regen will ich zerfließen,
zurückkehren zur Erde,
auf der Ameisenhorden von Flüchtlingen eintreffen
unter ihnen, im Labyrinth, ein ertrunkener Schiffbrüchiger.
Bis der neue Regen kommt,
der geliebte,
alles Ungesagte ertränkt
und schwellende Tropfen ans Licht treten,
aus denen ich Neues schaffe.

Schuld

Ich kehre den Fußboden aus festgestampfter Erde,
bald kommen die Gläubiger, mir das Haus zu nehmen.
Ich stampfe auf,
schüttle den Staub von den Schuhen.
Da erwacht eine Handvoll erboster Bürgen
aus langem Schlaf,
unbekannte Vorfahren, bekannte Erblasser.
Sie klopfen mit den Händen auf den Boden,
weinen, erheben sich, grüßen und sagen:
Es ziemt sich, dass wir zahlen.
Rebhühner im Tiefflug rufen den Regen herbei.
Nebelschleier öffnen sich,
drei Blitze sind uneins,
stolz führt der Donner den Tanz an,
reißt Pfosten und Nägel entzwei.
Der Lehmziegel kehrt zurück zum Ursprung.
Geformt aus Erde und heiligem Wasser,
widerspenstigen Strohspitzen und geknickten Halmen.
Ich sah, wie neues Grün aus dir spross
und du neue Wurzeln schlugst, um Halt zu finden.
Auf bald!

Text und Gedichte: Pambos Kouzalis. Übersetzung: Nina Bungarten (Text) und Michaela Prinzinger (Gedichte), Fotos: Anni Michailidi.

Weitere Veranstaltungen der Reihe “Zyprische Miniaturen”:
11.3. b-flat, Acoustic Music + Jazz Club
https://www.facebook.com/events/898794023523590/
15.4. Grüner Salon, Volksbühne
https://www.facebook.com/events/156103341415090/
26.5. Kesselhaus, Kulturbrauerei
https://www.facebook.com/events/1736906046521031/

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