META_GRAFES 2: Podiumsdiskussion „Theorie und Praxis in der Übersetzung“

Bericht von Alexandros Kypriotis

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Ελληνικά (Griechisch)

Am 6. Oktober 2021 fand die erste von insgesamt drei Podiumsdiskussionen im Rahmen der digitalen Fortbildungsreihe META_GRAFES als Zoom-Webinar statt, eine Kooperation des gemeinnützigen Vereins Diablog Vision e. V. mit dem Literaturhaus Lettrétage e. V.

Das Projekt META_GRAFES, konzipiert von Dr. Michaela Prinzinger, Vorsitzende von Diablog Vision e.V. wird durch den Projektfonds des Deutschen Übersetzerfonds im Rahmen des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Die Podiumsdiskussion META_GRAFES 2 mit Thema „Theorie und Praxis in der Übersetzung“ war öffentlich, die Podiumsteilnehmer:innen bildeten eine große Bandbreite von Experten aus dem Fachbereich Übersetzung ab.  

Die Diskussion wurde von der Germanistin, Lektorin und Übersetzerin deutschsprachiger Literatur Ioanna Meitani moderiert, die Gründungsmitglied des Verbands der Übersetzer, Lektoren und Korrektoren (SMED Griechenland) ist. In ihrer Begrüßungsrede hob sie den Bedarf öffentlicher Debatten zum Thema Übersetzung im Allgemeinen als Gegengewicht zur einsamen Übersetzungsarbeit hervor und streifte dabei verschiedene für Übersetzer:innen relevante Themen, angefangen von der Unsichtbarkeit der Übersetzer:innen bis hin zur „schlechten“ Bezahlung. Danach stellte sie die Podiumsteilnehmer:innen in der Reihenfolge ihrer Vorträge vor, die ein weites Themenspektrum abbilden, angefangen bei der Ausbildung neuer Übersetzer:innen bis hin zur Veröffentlichung einer Übersetzung.

Zuerst hörte das Publikum den Vortrag von Dr. Alexandra Rassidakis, Professorin für germanistische Literaturwissenschaft und Komparatistik an der Aristoteles Universität Thessaloniki und Übersetzerin deutsch- und griechischsprachiger Literatur. Danach erhielt Spiros Moskovou das Wort, Literaturübersetzer, Journalist, Leiter der Griechischen Redaktion der Deutschen Welle und langjähriger Mitarbeiter der Bücherbeilage der griechischen Zeitung TO VIMA. Den Abschluss bildete ein Vortrag von Kostas Spatharakis, Lektor und Übersetzer sowie Gründer des Verlags.

Screenshot Zoom Teilnehmer
Screenshot; im Uhrzeigersinn: Kostas Spatharakis, Ioanna Meitani, Dr. Alexandra Rassidakis, Spiros Moskovou

Werkstätten für Literaturübersetzung

Dr. Alexandra Rassidakis führt seit vielen Jahren literarische Übersetzungswerkstätten an der Aristoteles Universität Thessaloniki durch, in denen Student:innen nicht nur Texte aus dem Deutschen ins Griechische und vice versa übersetzen, sondern auch Übersetzungen vergleichen. Bevor sie jedoch die Vorteile der Werkstätten aufzeigte, betonte sie, dass die literarischen Übersetzungsworkshops einen ersten Kontakt mit dem Thema darstellen und nicht automatisch eine professionelle Kompetenz sichern.

Alexandra Rassidakis zeigte anhand von charakteristischen Beispielen die Vorteile auf, die man aus den literarischen Übersetzungswerkstätten ziehen könne:

  • Die Übung, Texte kritisch zu lesen, bei der der Übersetzer die Struktur des jeweiligen Textes analysieren, die verschiedenen Schreibtechniken, die in dem zu übersetzenden Text angewendet werden, erkennen und den Interpretationspluralismus, den der Text zulässt, verstehen muss.
  • Die Übung des “Misstrauens”, wie sie es nannte, d.h. das Bewusstsein, dass wir beim Lesen eines übersetzten Textes den Autor durch die Übertragung des Übersetzers lesen und nicht das Originalwerk.
  • Die Übung in Bescheidenheit, denn jeder, der sich mit Übersetzungen und dem Vergleich von Übersetzungen befasst, erkennt früher oder später, dass Fehler und Missverständnisse in einer Übersetzung sehr wahrscheinlich sind, und sollte daher bescheiden sein, was die eigene Übersetzungsarbeit und -auswahl angeht.
  • Die Sichtbarmachung der vielfältigen Möglichkeiten, einen Text zu übersetzen, durch die Diskussionen der Teilnehmer:innen, die sie als “Spaziergänge im Garten der sich verzweigenden Wege” und “Luxus” im Gegensatz zum einsamen Prozess der professionellen Übersetzung bezeichnete.
  • Das Bewusstsein für die Verantwortung des Übersetzers als Vermittler, insbesondere wenn er einer anderen Sprachgemeinschaft einen Autor zum ersten Mal vorstellen soll.

Alexandra Rassidakis stellte die wichtige, aber kaum je hervorgehobene Rolle der Übersetzung dar – sowohl bei der Wahrnehmung eines übersetzten Autors als auch bei der Kritik an seinem Werk. Dabei hob sie das Phänomen hervor, dass der Übersetzer meist nicht nur für den normalen Leser, sondern auch für professionelle Leser wie Literaturkritiker unsichtbar bleibe, und führte entsprechende Beispiele an.

Am Ende ihres Vortrags schlug Alexandra Rassidakis einige Ansätze vor, die den Übersetzer eines Werkes sichtbar machen können, angefangen bei der Praxis der Verlage, z. B. die Namen der Übersetzer:innen auf dem Buchumschlag zu erwähnen, Originaltitel und Ausgangssprache zu erwähnen sowie einen Anhang zu publizieren, den der Übersetzer selber und idealerweise gegen ein Honorar schreibt. Darüber hinaus betonte sie die Bedeutung von Anhängen, Kommentaren und Artikeln als Reflexion der Übersetzungsarbeit und verwies am Schluss ihres Vortrags auf die Bedeutung von Übersetzungsrezensionen.

Übersetzungsrezensionen

In der anschließenden Diskussion betonte Spyros Moskovou, dass Zeitungen in Wahrheit keine Bücherrezensionen, geschweige denn Übersetzungsbesprechungen drucken würden, sondern Buchvorstellungen – und zwar in wohlmeinender Weise, um der Leserschaft ein Buch zu empfehlen. Gleichzeitig wies er auf den Platzmangel in den Zeitungen hin, faktisch würden sich nur Literaturzeitschriften mit Übersetzungsrezensionen befassen.

Kostas Spatharakis merkte an, im Gegensatz zur deutschen oder französischen Presse sei der Hauptgrund für das Fehlen von Übersetzungsrezensionen in griechischen Zeitungen wohl eher die mangelnde Fachkenntnis über das Werk des Autors, die Übersetzungstechnik und die Sprache im Allgemeinen und weniger der Platzmangel. Alle waren sich einig, dass es bei Übersetzungsrezensionen nicht darum gehe, mögliche Fehler zu finden, sondern vielmehr darum, die während der Übersetzungsarbeit angewandte Strategie darzustellen, die in der Regel nicht erwähnt werde und so den Übersetzer im Verborgenen lasse.

Der „Praktiker“ der Übersetzung

Spyros Moskovou bezeichnete sich als “Empiriker” und “Praktiker” der Übersetzung und sprach über seine Erfahrungen als Übersetzer des österreichischen Schriftstellers Peter Handke.

Als er nach der Verleihung des Literaturnobelpreises 2019 an Peter Handke gefragt wurde, ob es für den Übersetzer wichtig sei, den Autor, den er übersetze, persönlich zu kennen, antwortete er, dass das selbstverständlich nicht notwendig sei. Von großer Wichtigkeit sei hingegen, den Stil und die Bedeutung des zu übersetzenden Werks zu verstehen. Es schade allerdings auch nicht, den Autor persönlich zu kennen.

Anschließend führte er ein Beispiel dafür an, wie gerade die persönliche Bekanntschaft mit dem Autor Klarheit in die Wahrnehmung des Werkes bringen und dem Übersetzer dabei helfen kann, bestimmten eigenen Thesen über das Werk mithilfe des Autors nachzugehen. In den meisten Büchern von Peter Handke sei, so Moskovou, an irgendeiner Stelle ein Alptraum erwähnt. Handke habe ihm während eines privaten Treffens gestanden, nachts panische Angst zu empfinden, am nächsten Morgen nicht mehr aufzuwachen.

Der „empirische“ Übersetzer Moskovou nahm dann Bezug auf das neueste Werk von Peter Handke „Versuch über den Pilznarren“, das er übersetzt hat und das demnächst im griechischen Verlag Hestia erscheint, und erklärte, wie eine unprätentiöse Pilzdelikatesse, die ihm der Autor selbst vor mehr als zwanzig Jahren gekocht hatte, als er ihn für ein Interview zum Krieg in Jugoslawien besuchte, ihm nicht nur dabei half, die Bedeutung des Unprätentiösen in Handkes Werk generell zu begreifen, sondern auch das Buch „Versuch über den Pilznarren. Eine Geschichte für sich“ mit einem tieferen Verständnis zu lesen und später zu übersetzen.

Mit diesem Beispiel beendete Spyros Moskovos seine Ausführungen darüber, wie eine persönliche Bekanntschaft mit einem Autor dessen Werk besser verständlich machen kann, und ging dann zum umgekehrten Beispiel über, nämlich wie das Werk eines Autors ein früheres, zunächst unverständliches Erlebnis mit dem Autor erhellen kann.

So erzählte er eine Begebenheit, als Peter Handke Ende März 2000 auf Einladung des UNHCR anlässlich des einjährigen Jahrestages der NATO-Intervention im ehemaligen Jugoslawien Athen besuchte. Er beschrieb ein freundschaftliches Gespräch zwischen Peter Handke und einigen Journalisten in der Lobby eines Athener Hotels, bei dem der Autor seine Schuhe und Socken auszog und unbeirrt weiterredete, die Anwesenden jedoch mit diesem „unangemessenen“ Verhalten gleichsam schockierte. Als Spyros Moskovou später für die griechische Zeitschrift Ποίηση (Poesie) Handkes philosophisches Gedicht „Ode an die Dauer“ übersetzte, las er einen Auszug, in dem unter anderem die Angewohnheit des Großvaters beschrieben wurde, Blutegel zu sammeln, die er gemäß der damals üblichen medizinischen Praxis an seine eigenen Füße und an die seines Enkels anlegte, um einen Aderlass herbeizuführen. So erklärte das Werk das Erlebnis mit dem Autor und lehrte den Übersetzer, dass Peter Handke als Kind an Erfrierungen gelitten hat und seine Füße selbst nach so vielen Jahren bei Hitze anschwellen und er Linderung findet, wenn er Schuhe und Socken auszieht und barfuß bleibt.

Gegen Ende seines Vortrags nannte Spyros Moskovou ein Beispiel, um die von ihm gewählte Strategie für die Übersetzung von Peter Handkes sehr anspruchsvollem Roman „Die verlorenen Bilder oder Die Durchquerung der Sierra de Grendos“ (Verlag Exantas, 2006) zu veranschaulichen, den er „einen utopischen Roman im Stil Don Quijotes“ und keinen “typischen Roman, der sich an seiner Handlung und seinen Figuren messen lässt“ nannte und stellte fest, dass in „Handkes Welt die Schwerpunkte verschoben werden, die wir in unserer Wahrnehmung der uns umgebenden Realität zu setzen gewohnt sind“.

Damals hatte er das Bedürfnis, sich von den Nachrichten abzuschotten und beschloss, noch bevor er mit der Übersetzung begann, sich in ein Hotel in der südtunesischen Stadt Gabès zurückzuziehen, „fern von jeder organisierten Touristenszene und jeglichem Komfort“. Nach der ersten Lektüre des Buches begann er den Ort und die Menschen um sich herum zu beobachten und sich Notizen zu machen, um im Nachhinein überrascht festzustellen, dass die “donnernde poetische Kraft” des Buches sich auf die Art und Weise, wie der Übersetzer selbst die Dinge und die Welt um sich herum sah, übertragen hatte, und spricht damit von der Erfahrung eines jeden Übersetzers von der “zumindest zeitweiligen Verführung seines Bewusstseins durch den Autor, den er übersetzt”.

Die Beziehung zwischen Autor und Übersetzer: eine lebenslange Beziehung

Ioanna Meitani betonte anlässlich der langjährigen Beziehung von Spyros Moskovos zum Werk von Peter Handke, die Verlage sollten konsequent nur einem Übersetzer oder einer Übersetzerin die Übertragung eines Autors anvertrauen, selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass die ersten Übersetzungsproben gut sind und der Stil des Autors auf eine treffende Weise wiedergegeben wird.

Kostas Spatharakis pflichtete dem bei, unterstrich jedoch die Wichtigkeit der Tatsache, wann und unter welchen Bedingungen die ersten Übersetzungsproben eines Autors als gut und förderungswürdig beurteilt würden, und auch die Rolle des Lektorats, das die übersetzerischen Entscheidungen respektieren müsse, um eine möglichst lebendige Beziehung zum Text aufrechtzuerhalten. In der Anfangsphase sei das nicht immer offensichtlich, in der Folge führe dies jedoch zur Übertragung des Stils und der Technik des Autors. Abschließend fügte er hinzu, dass er die Auseinandersetzung des Übersetzers mit dem Werk des Autors als eine lebenslange Beziehung ansehe, die gewiss nicht hoch genug geschätzt werde. Dabei beziehe er sich natürlich vorwiegend auf qualitativ hochwertige Werke.

Der Übersetzer als kollektives Subjekt

Kostas Spatharakis begann seinen Vortrag mit dem Hinweis, bis auf wenige glänzende Einzelfälle habe das griechische Lesepublikum ein völlig zersplittertes Bild der deutschen Literatur, ausgenommen seien lediglich die Leser:innen mit entsprechenden Deutschkenntnissen und einer akademischen oder beruflichen Verbindung zur deutschen Literatur. Die griechischen Leser hätten nicht dasselbe klare Bild von der deutschen Nachkriegsprosa und -poesie wie von den Werken der angelsächsischen bzw. französischen Literatur. Es fehle weniger an übersetzten Werken, denn viele davon seien in angemessener Weise übersetzt, sondern vielmehr an der Kenntnis des Kontextes, in dem sie entstanden seien. Des Öfteren entstehe der Eindruck, die deutschen Schriftsteller bildeten eine seltsame Einheit, aus der dann ein Schriftsteller wie beispielsweise Peter Handke oder Herta Müller herausrage. Wenn wir über Ideologien redeten, dann fehlten, abgesehen von gewissen Texten der Frankfurter Schule, die willkürlich übersetzt und herausgegeben worden seien, entscheidende Schlüsseltexte aus der allgemeinen öffentlichen Diskussion, was dazu führe, dass wir zwar eine Übersetzung von Habermas, nicht aber die seiner Gesprächspartner lesen könnten.

Abschließend machte er seine Überzeugung deutlich, dass es die Aufgabe des Übersetzers sei, diesen Rahmen zu setzen, insbesondere in der heutigen Zeit und vor allem dann, wenn er sich Texten von zentraler Bedeutung gegenübersehe. Den Übersetzer definiere er als ein kollektives Subjekt aus allen nur denkbaren Experten auf dem Gebiet des Buchwesens, die den allgemeinen Rahmen ausmachten, innerhalb dessen bestimmte Autoren bestimmte Werke schaffen.

Ohne diesen Kontext bestehe die Gefahr, dass man einfach über ein gutes Buch oder einen guten Autor spricht, ohne zu wissen, warum man eigentlich einen bestimmten Autor lesen sollte. Es sei notwendig, sich einerseits der Vorgehensweise eines bestimmten Schriftstellers bewusst zu sein und andererseits diese Vorgehensweise nicht nur zu berücksichtigen und in die Übersetzungsstrategie einfließen zu lassen bzw. sie nur unter rein ästhetischen Gesichtspunkten zu bewerten, sondern sie auch unter politischen und intellektuellen Gesichtspunkten zu beurteilen, damit ihr Zusammenhang mit den vorher beschriebenen Phänomenen sichtbar wird und wir die Autor:innen nicht mehr als leuchtende Ausnahmen sehen, sondern als Glieder einer größeren Kette.

Kostas Spatharakis betonte, dass es in Wirklichkeit nicht nur um gute Bücher, gutes Marketing oder ein Re-Branding der deutschen Literatur geht, sondern um Kulturvermittlung, wobei er betonte, dass die Rolle des Kulturvermittlers vom Übersetzer übernommen werden sollte. Hinter dem Übersetzer müsse jedoch der Lektor, der Korrektor, der Buchgestalter, der Verleger und der Buchhändler stehen, womit er erneut die Rolle des Übersetzers als kollektives Subjekt betonte.

Schließlich sprach er über das Verlagssystem im Allgemeinen und betonte, wie wichtig es für die Verlagsbranche sei, sich der enormen Rolle der Kulturvermittlung bewusst zu werden und die geistige Arbeit zu begreifen, die sie zu leisten habe.

In Bezug auf die Arbeitsbedingungen wies Kostas Spatharakis abschließend darauf hin, dass allen bewusst sei, dass die Arbeit eines Übersetzers nur bis zu einem bestimmten Punkt bezahlt werde, und das müsse genau der Punkt sein, der demjenigen, der die Arbeit ausführt, ein menschenwürdiges Leben sichere. Für ihn sei dies eine Selbstverständlichkeit, die nicht angezweifelt werden sollte.

Flyer

Arbeitsbedingungen

Nachdem Ioanna Meitani die Forderung von Kostas Spatharakis als eine utopische Vision für das Verlagswesen eingestuft hatte, wies sie in der anschließenden kurzen Diskussion auf die im Vergleich zu Deutschland niedrigen Honorare für Übersetzer:innen in Griechenland sowie auf das Fehlen von unterstützenden Institutionen und Strukturen hin.

In Bezug auf die Rahmenbedingungen für die Übersetzungsarbeit betonte Alexandra Rassidakis sowohl die Verantwortung der Verleger, die sich nicht nur zur Veröffentlichung eines einzelnen Werks, sondern zu einer ganzen Reihe von Werken verpflichten sollten, als auch die Rolle der Literaturwissenschaftler, deren Aufgabe es sei, den weiteren Rahmen aufzuzeigen, in welchem ein Werk entstanden sei. Es gebe Verlage, die Literaturwissenschaftler genau mit dieser Aufgabe beauftragen würden, und es sollte nicht als selbstverständlich gelten, dass Übersetzer:innen diese Arbeit leisteten.

In diesem Zusammenhang erwähnte Kostas Spatharakis, dass Literaturwissenschaftler immer wieder aufgefordert würden, eine schlechte Übersetzung – ohne sie überhaupt gesehen zu haben – mit ihrem akademischen „Stempel“ zu legitimieren. Zusammenfassend erklärte er allerdings, dass er der Eigenschaft des „reinen Übersetzers“ bewusst andere Elemente beimischen und darauf hinweisen wollte, dass der gesamte Übersetzungsprozess eines Buches von der Klärung der Rechte bis hin zu Veröffentlichung und Verbreitung in den Buchhandlungen eine kollektive, institutionelle Arbeit sein sollte.

Dr. Anthi Wiedenmeyer, Assistenzprofessorin für Theorie und Praxis von Literaturübersetzung und Dolmetschen an der Abteilung für deutsche Sprache und Philologie der Aristoteles-Universität Thessaloniki, beteiligte sich mit einem schriftlichen Kommentar an der Diskussion: Die stärkere Sichtbarkeit der Übersetzer:innen hänge nicht nur von den Arbeitsbedingungen in diesem Berufszweig ab, obwohl sie durchaus zu ihrer Verbesserung beitragen könne, oder von der Bescheidenheit der Übersetzer:innen, die zum Wesen des Berufs gehöre, sondern vielmehr von der Emanzipierung des Lesepublikums, das sich schließlich darüber bewusst werden sollte, was es eigentlich lese, und so urteilsfähiger werden könne.

Wir wünschen uns aufgeklärte Leser, sagte Ioanna Meitani zusammenfassend, und Verleger, Übersetzer und Redakteure, die besser zusammenarbeiten und sich darüber bewusst sind, dass sie nicht nur einen Text von einer Sprache in eine andere übertragen, sondern ein kulturelles Werk aus einem kulturellen Kontext in einen anderen – mit allem, was dazugehört.

Text: Alexandros Kypriotis. Übersetzung: Heike Göttlicher. Redaktion: Michaela Prinzinger.

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Ελληνικά (Griechisch)

Schreibe einen Kommentar