Die kleinen Geheimnisse der Kleider und Uhren

Elena Pallantza über Efstathia Matzaridous neuesten Roman

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Elena Pallantza traf für diablog.eu die Autorin Efstathia Matzaridou in Köln zu einem Gespräch über das Buch DIE KLEIDER, aus dem sie (in Zusammenarbeit mit Carolin Mader) das erste Kapitel für unsere deutsch-griechische Kulturwebsite übersetzte.

Efstathia Matzaridou wurde 1962 in Orestiada geboren. Sie studierte Psychologie in Thessaloniki und setzte ihr Studium der Psychologie und Familienberatung in Deutschland fort, wo sie jahrelang gelebt und gearbeitet hat. Sie hat zwei Romane veröffentlicht (Alles ein Bündel, Metaichmio Verlag 2009 und Die Kleider, Smili Verlag 2017). Seit 2006 lebt sie in Athen, kehrt aber oft nach Köln zurück, das sie als ihre zweite Heimat betrachtet.

portraet einer lächelnden frau vor grünen Bäumen

Worum geht es in deinem Buch?

DIE KLEIDER erzählen vom Ende einer Beziehung. Sie sind die einzigen Belege einer Liebesgeschichte, die mittlerweile ein Ende gefunden hat. Eine Frau und ein Mann entfalten im Nachhinein das gemeinsame Leben, sprechen über Erlebnisse, die für sie prägend waren.

Der Roman ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil spricht die Frau und im zweiten der Mann. Warum hast du diese Erzählweise gewählt?

Sowohl die Frau als auch der Mann sprechen in der ersten Person über die Kleidungsstücke und Accessoires des anderen, die sie geliebt oder gehasst haben. Das schafft eine Unmittelbarkeit. Jeder stellt unbeeinflusst seine eigene Sicht dar. Die Kleidungsstücke fungieren dabei als Psychogramme ihrer Persönlichkeit. Sie spiegeln Bedürfnisse und unerfüllte Wünsche wider, welche die beiden nicht wagten anzusprechen, und damit Konflikten aus dem Weg gingen, oder bei welchen sie den Mut zeigten, sie zu benennen, und damit Konsequenzen hervorriefen. Wirbel um Wirbel, von dem einem Kapitel zum nächsten, bauen sich die Charaktere auf.

Es ist also das Gedächtnis, das spricht?

Kleidungsstücke und Accessoires sind natürlich die Meilensteine des Gedächtnisses. Sie werden zu Symbolen. Oder sie sind einfach Überbleibsel oder Dinge, die zur Zeit der Trennung vergessen wurden und jetzt die Hauptrolle in deren Erinnerungen spielen und die Hauptachse deren Geständnisse darstellen.

Uhren, Trenchcoats, Unterhemden, der gelbe Bikini, das violette Kleid, die Ohrringe scheinen Leib und Seele zu bekommen, sie werden zu Bildern, Dialogen, Freude, Sehnsucht, Trauer und Leid. War dies dein Ziel?

Mein Anliegen war, die Kleider letztendlich selbst zu Erzählern werden zu lassen, sie sollten mit ihren Farben, Fasern und Webart die dahinfließende Zeit beschreiben, welche die Liebesbeziehung veränderte. Alles Mögliche spiegelt sich hierin, taucht wieder auf, gefangen genommen von der Zeit: Ängste, Phobien, Schuldgefühle, Wut, Liebe und sexuelle Anziehung, Gerüche, Blicke, Konflikte, das mütterliche und väterliche Vorbild, welche beide antagonistisch über das von Obsessionen geprägte Leben des Paares hereinbrachen, ihre Ästhetik, ihre Ernährungsgewohnheiten, ihre Machtspiele. Und vor allem das starke Verlangen des einen, den anderen zu ändern und ihn nach seinem Ebenbild zu formen.

Was zugleich die Antwort sein könnte auf das große Warum der beendeten Beziehung?

Die Suche nach dem Grund der Trennung scheint die beiden Figuren immer noch zu beschäftigen. Insofern lassen sich DIE KLEIDER als ein Zurücktasten und ein Weg zur Selbsterkenntnis, zum Sich-Selbst-Verstehen lesen.

buchcover

EFSTATHIA MATZARIDOU, DIE KLEIDER

TEIL I: DIE FRAU

DEINE UHREN

Unsere Beziehung stoppte, wie eine Uhr im Flugzeugabsturz, und wenn, wie Aristoteles sagt, Zeit die Bewegung von der Vergangenheit in die Zukunft ist, sind wir zwei nun zeitlos, da wir keine Zukunft mehr haben.

Oft legtest du dich mit der Zeit an, als wäre sie dein Gegner, ranntest ohne Unterlass, als würde sie dich jagen, oder aber du verweigertest jede Bewegung, versankst stur im Bett tagelang und ließest sie gleichgültig vergehen, dann war das dein Widerstand. Ein normales Verhältnis war es in meiner Erinnerung jedenfalls nie (solange wir zusammen waren). Phasen der Jagd wechselten sich ab mit Phasen der Erstarrung, und an allem war die Zeit schuld. Hätten die Menschen die Zeit nicht erfunden, sagtest du, wären sie entspannt, gelassen, weniger ehrgeizig und folglich menschlicher, keiner würde die Zeit messen wollen und es gäbe keine Angst vor Alter und Tod. Alle Übel der Welt seien auf die Beziehung der Menschen zu der Zeit zurückzuführen, ihren Anspruch, eine Arbeit zu haben, Familien zu gründen, Großes zu leisten, und das alles – noch dazu – innerhalb einer bestimmten Zeit. Sobald dich der Stress packte, etwas rechtzeitig zu schaffen, weigertest du dich hartnäckig, auf die Uhr zu sehen. Du griffst dann lieber zu Stoppuhren, die ja dafür gedacht sind, die Zeit auf null zu stellen. Du nahmst eine Kerze, einen Docht oder ein Seil, das mit konstanter Geschwindigkeit brennt, und schaltetest die Stoppuhr ein. Wenn du zu Bett gingst, mussten alle Uhren verschwinden, sie wanderten in Schubladen, kamen von den Wänden, und dann war ich es, die in Panik geriet, da ich die Zeit ja immer beherrschen wollte. Nein, mich verfolgte sie nicht, auch bekämpfte ich sie nicht, ich wollte sie nur unter Kontrolle haben, „damit sie mir keinen Streich spielt“, sagte ich zu dir, „also“, sagtest du, „hast du doch Angst vor ihr“; „und wenn schon, ich kann mit ihr umgehen“, antwortete ich. Während solcher Krisen wolltest du nicht mal wissen, ob es Tag oder Nacht war, die Rollläden blieben unten und die Gardinen geschlossen; das ist mein Grab, sagtest du, kein Mucks soll mehr zu hören sein. Das war deine Art, mit dem Tod zu flirten, und das Anhalten der Uhren ein Teil der Inszenierung.

Der Tag-und-Nacht-Zyklus reguliert die innere Uhr des Menschen, die ziemlich genau zu gehen scheint, bedenkt man, wie oft sie uns ein paar Minuten vor dem Weckerklingeln aufwachen lässt. Ich ließ mich nie vom Wecker wecken. Mein Problem, behauptetest du, sei, dass ich mit dem Wecker konkurrieren wolle, so wie ich auch mit dir und überhaupt jedem immer konkurrieren – oder besser gesagt mich vergleichen – würde, und deshalb müsste ich ihm unbedingt zuvorkommen, ich ihm anstatt er mir; würde die Uhr mir zuvorkommen, sagtest du, wäre meine Vormachtstellung infrage gestellt, und wenigstens ein unantastbares Primat wollte ich haben. Dich dagegen kümmerten die anderen kaum, sie durften dich alle überholen. Nicht nur empfandst du sie nicht als überlegen, sondern du nanntest sie nutzlos, weil sie nicht nobel und diskret genug seien – und noch dazu korrupt, wie sie sich alle drängten und beeilten und irgendeinen Posten zu ergattern versuchten. Du jedoch warst absolut respektvoll gegenüber allen, und allem voran der Zeit, du hast sie nie unter Druck gesetzt noch ließest du dich von ihr unter Druck setzen, etwa das Studium zu beenden oder Pflichten und Aufgaben zu übernehmen; ich war nur am Rennen und zog dich mit, du aber zogst mich zurück nach unten, auf dass ich regungslos, fixiert im Bett bliebe. Ach, und diese Sonntage, die quälenden, bleischweren Sonntage, wenn du erst mittags oder nachmittags vom Bett aufstandst, und ich musste zusammengerollt in deinen Armen bleiben, um deinen Schlaf nicht zu stören, und wenn wir dann aufwachten, verbrachten wir den Rest des Tages griesgrämig und muffelig, an Feiertagen genau dasselbe. Eins sag ich dir: Wenn der Mensch glücklich ist, braucht und spürt er die Zeit nicht, das Entferntsein vom Glück ist es, das die Zeit überhaupt erst erschafft, deshalb warst du – überzeugt, von der Zeit verfolgt zu werden, immer in der Defensive – nicht glücklich, und schuld daran war ich, ich genügte nicht, um dich glücklich zu machen, und meine Mangelhaftigkeit machte dich unglücklich und zu einem Sklaven der Zeit.

ziffernblaetter von uhren

Ja, manchmal wurde auch mir die Zeit zäh, sie hielt an, dehnte sich, und zwar wenn du nachts spät nach Hause kamst: da wurden jene winzigen Strichlein zu riesigen, dicken schwarzen Strichen, Bändern aus Elend, Trauer und Angst; denn ich malte mir aus, dass dir etwas zugestoßen sei, etwas Schreckliches, Endgültiges, dass du in der Nacht umgekommen seist. Gleich würden sie mich von irgendeiner Polizeistation oder irgendeinem Krankenhaus aus anrufen, dass ich in die Leichenhalle kommen soll, um den Toten zu identifizieren, und ich erstarrte in Eiseskälte, ebenso die Zeit selbst, und so saß ich, von der Eisigkeit betäubt, als wäre ich von einer Lawine verschüttet worden, im Schnee und wartete, dass du kommst, wie ein Bernhardinerhund, und mich aufspürst und mit deinem Atem aufwärmst, damit mein Blut wieder fließt (und mich wieder zum Leben erweckst) bis ich schließlich, mittlerweile bar jeglichen Zeitgefühls, den Schlüssel in der Tür hörte. „Du schläfst noch nicht!“, sagtest du, und dankbar, dass du am Leben warst (und wir zusammen weiterschlafen würden) und ich der Lawine entkommen war, bat ich nicht mal um eine Erklärung, warum du mich in diese Geschichte mit der Zeit mit hineingezogen hattest.

Eine Möglichkeit, der Zeit die Zunge zu zeigen und sie zu verspotten, bestand für dich darin, Uhren zu sammeln und deren Geschichten. Du wusstest alles über die ersten Uhren, Wasser- und Sonnenuhren sowie die Uhren der Seeleute und wer sie als Erster erfand und wie es von den russischen Uhren zu den Schweizer Uhren kam, diesen wahren Kunstwerken. Ich habe auch zu deiner Sammlung beigetragen, mit einer Taschenuhr, einer russischen Taschenuhr, die ich in St. Petersburg gekauft hatte. Und, wenn mir ein Wort über deine Uhren gestattet ist, ich muss dir sagen, dass mir die russischen Taschenuhren mehr lagen, sie wirkten edel und mit Sorgfalt gefertigt, edler als die englischen, die mich an Adlige erinnerten, auf Fuchsjagd mit ihren Hunden. Und bis diese ihnen die Beute bringen, ziehen sie gelangweilt ihre Uhren aus den Taschen, wieder und wieder, um die Zeit zu kontrollieren – nicht mal zur Jagd taugen diese englischen Adligen mit ihren Uhren, in Taschen sicher verstaut. Die russischen hingegen waren unter anderem kältebeständig; diesen Eindruck machten auf mich zumindest die runzligen Gesichter der Menschen, die ihren ganzen Besitz auf dem zugefrorenen Fluss verscherbelten, wo die Touristenbusse herumfuhren, die Tragfähigkeit der Eisfläche testend.

Es dauerte lange, bis ich begriff, dass deine Uhrensammlung den Regeln des Aktienmarktes und der Rennbahn folgte, des Glücksspiels im Allgemeinen, und dass niemand den zukünftigen Wert einer Uhr garantieren kann, da sich der Markt von Tag zu Tag ändert und der kommerzielle Wert einer Uhr vom Trend der Zeit bestimmt wird, vor allem aber vom Wahnsinn des jeweiligen Sammlers, der bereit ist, einen viel höheren Preis als den objektiven zu zahlen, um die Uhr seiner Träume zu erwerben. Deshalb ranntest du auf Auktionen und schlepptest mich mit. Ich brauche einen Glücksbringer, sagtest du, und ich war stolz, dir nützlich sein zu dürfen, so richtig nützlich sogar; wenn du bei mir bist, sagtest du, werde ich einen guten Preis erzielen, keinem Unglücksboten begegnen. Die Räume, in denen diese Auktionen stattfanden, besaßen eine Aura von Heiligkeit: der Teppichgeruch, die prachtvollen Kunstwerke, die Antiquitäten, so alt und voller Geschichten, das Leid und die Sehnsucht, die in jedem Gegenstand steckten, wenn die Erben ihn loswerden wollten oder aufgrund von Schulden freigaben oder einfach ein Sammler das Interesse daran verlor. Ich trat ein und suchte mir einen Platz, von dem aus ich alle Stücke und Interessenten beobachten konnte, wie sie aufgeregt hin und her tigerten, ohne das Objekt ihrer Begierde je aus den Augen zu verlieren. Lust und Leidenschaft kollidierten, der Hammer schlug zu und das Bieten begann. Du wartetest immer, bis die Ungeduldigen ihr Angebot machten, um deren Potenzial einzuschätzen, und dann hobst du in aller Ruhe die Hand, nanntest einen Preis, auf den keiner rechtzeitig reagieren konnte, und zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten warst du der Gewinner. Da griffst du kurz meine Hand, zerquetschtest sie in deiner Riesenhand – du brauchst mich wirklich, dachte ich, allein schon für dieses Händedrücken, meine Hand und ich fühlten uns unschlagbar. Nach solchen Siegen blieben wir noch ein bisschen, um entspannt den Anblick der wütenden Gesichter zu genießen und die weiteren Angebote zu verfolgen. Wenn aber etwas dein Budget eindeutig überstieg oder jemand schneller war als du, packtest du mich an der Hand und wir stürzten hinaus, und obwohl dir meine Hand schon wieder nützlich war, zeigten mir deine Laune und dein Schweigen, dass ich eigentlich unerwünscht war.

spiegelung im schaufenster

Über die Größe deiner Sammlung wusste ich nichts, du sagtest, du hättest bei dir zu Hause noch weitere Stücke – das verletzte mich einerseits und machte dich zugleich unglaubwürdig, wie konntest du nur die Kontrolle über deine Sammlung aufgeben? Du sprachst am Telefon mit N. darüber, deinem Freund, der diesen Wahn mit dir teilte, und ich habe nie herausgefunden, ob es stimmte oder ob du einfach nur angeben wolltest, männliches Konkurrenzverhalten, dachte ich. Und so bin ich weder deiner Vacheron noch deiner Breitling Skyracer jemals begegnet, noch der anderen, deren Zifferblatt von einem Schiffsdeck inspiriert war und die Farbe wechseln konnte, je nach Licht, von Hellgrau bis hin zu Schwarz und sogar Grün. „Das ist eine Omega“, sagtest du, „und Omega verdient großes Lob für die Wahl dieses besonderen Musters, von Menschenhand kaum ausführbar, das ihrer Technik zu hohem Wert verhilft.“ Wenn du schon von solchen Details berichtetest, dann würde es diese Uhren wohl definitiv auch geben, dachte ich mir, aber das hieße, er vertraut mir nicht, er fühlt sich bei mir nicht zu Hause, wäre ich die Frau seines Lebens, hätte er doch seine Uhren alle mitgebracht. Und meine Stimmung sank, und du sagtest, was ist nun schon wieder los, warum bist du denn so launisch, und schon wieder war ich das Problem in der Beziehung und nicht du, der du mir nicht vertrautest, sondern nur deiner Mutter; wolltest du länger weg, ließest du mich nie mit deinen Uhren allein, du brachtest sie alle in deine Wohnung, unsere sei nicht sicher genug, sagtest du. Ich konnte mich ihnen nur nähern, wenn du gerade bei der Arbeit warst. Dann öffnete ich also vorsichtig Schubladen, Kisten und Papiere und studierte sie, ohne an ihre Reihenfolge und Position das Geringste zu ändern, damit du nicht merktest, dass ich sie bestaunt hatte – das hatte ich auch nicht, denn in Wirklichkeit hasste ich deine Uhren, ja, ich habe sie alle gehasst, jede einzelne, weil sie deine ganze Aufmerksamkeit und Bewunderung hatten, du hast sie gestreichelt und bewundert und Zeit mit ihnen verbracht, die du mit mir hättest verbringen müssen, die du mir hättest widmen müssen anstatt ihnen.

Bei mir zu Hause, in meiner Familie, gab es keine Uhren, niemals, weder Wanduhren noch Kuckucksuhren, auch besaßen meine Großeltern keine dieser Taschenuhren, die die Erwachsenen wie kostbare Döschen öffnen und dabei eine wichtige und weise Haltung einnehmen, wir hatten auch niemand Wichtigen und Weisen in meiner Familie. Die einzige Uhr, an die ich mich erinnern kann, war die meiner Großmutter, es war einer von diesen Glockenweckern für den Nachttisch, bei denen du vor Schreck aus dem Bett fällst, wenn sie klingeln, deren Tick-Tack an deinen Nerven zehrt. Oma war ja auch die einzig Wichtige in der Familie, so dachte man bei uns. Für dich war dieser Mangel an Uhren unbegreiflich, hattet ihr denn kein Bedürfnis, die Uhrzeit zu wissen, fragtest du. Auf dem Dorf, sagte ich dir, berechnet man die Zeit aus der Helligkeit des Tages, den Stimmen der Tiere und der eigenen Erschöpfung.

wecker und uhren

Mit deiner Sammlung konntest du sogar bei meinem Vater punkten, der selber nie in der Lage war, eine zu erwerben, aber deine Omega anhimmelte und Uhren grundsätzlich für bedeutende Wertgegenstände hielt, sodass er im festen Glauben starb, ich würde einen Millionär heiraten, und wenn ich ihm sagte, dass du das gar nicht seist, zwinkerte er mir nur verschwörerisch zu; wenn jemand so viele Uhren kaufen kann, muss er ja ein Vermögen besitzen, sagte er, er sagt es dir bloß nicht, damit du ihn nicht nur wegen seines Geldes willst. Was mich völlig verblüfft hat, war, dass du meinem Vater eine deiner Omega-Uhren schenktest, ich weiß nicht mehr welche, vielleicht eine, die dir nicht so viel bedeutete, aber es war immerhin eine Omega, und das hast du getan, als er sich schon nicht mehr bei dir bedanken noch daran Gefallen finden konnte. Du schenktest sie ihm, als er schon gestorben war, ja, gestorben, und wir haben sie ihm mit ins Grab gegeben, wie bei diesen Königen, die mit Beigaben begraben wurden. Also wurde auch mein Vater mit einer Omega wie ein König begraben, und deine Geste hat mich bewegt, ich war dir dankbar dafür, dass du meinen Vater nach seinem Tod irgendwie aufgewertet hast, aber jetzt, wenn ich darüber nachdenke, ist es mir gar nicht so recht, dass mein Vater zwei Meter unter der Erde verwest und an seinem Handgelenk, dem Knochen, der von seinem Handgelenk übrig ist, deine geliebte Omega hängt, während du nicht mehr in meinem Leben bist, nicht mehr Teil meines Lebens, sondern nur noch Erinnerung.

Text: Efstathia Matzaridou. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags entnommen aus dem Buch DIE KLEIDER/TA ΡΟΥΧΑ, Übersetzung: Carolin Mader und Elena Pallantza. Fotos: Angeliki Lalou.

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