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12.2. Konzert der Musikgruppe „Hainides“ im Berliner SO 36. Lesen Sie auf diablog.eu, was genau „Hainis“ bedeutet. Vor kurzem ist ein Buch mit Erzählungen des spiritus rector der Band Hainis Dimitris Apostolakis erschienen, in dem er auf pointierte Weise zu den brennenden Fragen der griechischen Gegenwart und Gesellschaft Stellung nimmt. Tickets für das Konzert finden Sie hier. Apostolakis setzt sich immer wieder für einen Dialog mit der deutschsprachigen Kultur ein, hier eine Kostprobe seiner Vermittlerfunktion: Rainer Maria Rilkes Gedicht “Der Panther”, gesungen von Psarantonis.
Die Hainides sind ein achtköpfiges Musikkollektiv, das 1990 in Heraklion, Kreta, ins Leben gerufen wurde.
Von Kreta nach Kleinasien, von dort in den Orient und wieder zurück auf den Balkan: so stellen sich die Hainides ihre musikalische Reise vor. Ihre reich orchestrierte Musik zeigt explosive Klangfarben voller Leidenschaft. In ihren Texten findet sich die Suche nach dem Sinn des Lebens, nach dem Wert menschlicher Gefühle und nach der in den kleinen Dingen versteckten Wahrheit wieder. So vereint die Musikergruppe in ihren Auftritten Orient und Okzident, indem sie leise die Tradition besingt und als Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart nutzt.

Besetzung:
Dimitris Apostolakis: Kretische Lyra, Gesang
Dimitris Zacharioudakis: Gitarre, Vocals
Spyridoula Baka: Vocals
Konstantis Pistiolis: Klarinette, Sackpfeife, Kaval, Ney
Giannis Nonis: Perkussions, Bass
Michalis Nikopoulos: Laute, Mandoline, Bouzouki
Takis Kanellos: Schlagzeug
Kleiner Ausschnitt aus der Erzählung “Hilfe von Kollegen”
Seit Tagen sitze ich in meinem Zimmer. Mein seelischer Zustand ähnelt Bungee Jumping. Mal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt. Und alles aus ein und demselben Grund: Ich bin blank und brotlos (absichtlich und aus der Not geboren). Momentan fühle ich mich arm, schwach und nutzlos.
Einer der Namen, die mir zugeflogen sind, ist „Hainis“. Es ist ein altes semitisches Wort, das auf den größten Mörder aller Zeiten verweist. Kain hat ja fünfundzwanzig Prozent der damaligen Erdbevölkerung auf dem Gewissen. Im 2. Jahrhundert tauchten die Kainiten auf, die als Anhänger einer gnostischen Sekte Judas und Kain wegen ihrer vollkommenen Erkenntnis verteidigten und verkündeten, dass der alttestamentarische Gott ein unterentwickeltes tyrannisches Wesen sei. Das Wort wird vom Balkan bis hin in die arabische Welt unter verschiedenen Bedeutungen verwendet. In Nordalbanien ist der „Hainis“ ein Räuber, der Karawanen überfällt, während er auf Kreta früher den in die Illegalität Abgetauchten bezeichnete, den zur Fahndung Ausgeschriebenen, den Revoluzzer, der sich in die Berge geflüchtet hat. Heute bezeichnt „Hainis“ auf Kreta den Rebellen, der sich keinem Gesetz unterstellt und seinen eigenen Kopf durchsetzt.
Ich denke daran, meinen Beruf zu wechseln. Schön wäre es, etwas zu finden, das dem nahesteht, was ich jetzt tue. Dem „Künstlertum“ sozusagen. Daher möchte ich, dass meine Arbeit mit Forschung, Erfindergeist, Planung, Inspiration, Improvisation, Risiko, Antikonformismus und Beliebtheit beim Volk zu tun hat. Und nicht mit Chefgehaben, Routine oder der Stechuhr. Der Beruf, der diesen Ansprüchen am nächsten kommt, ist der des „Räubers“. Er erfüllt alle Voraussetzungen. In der Tat fühlte ich mich zu Räubern immer schon instinktiv hingezogen. (Aber natürlich nicht zu denen, welche die Armen plündern. Das wäre Klassenverrat.) Und jetzt verstehe ich auch, warum: Wir sind Kollegen!
Ausschnitt aus dem Buch von Hainis D. Apostolakis: Ftou xelefteria gia olous! Kastaniotis-Verlag 2015. Übersetzung: Michaela Prinzinger. Fotos: Despina Spyrou, Margarita Nikitaki
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