Nix Deutsch geht nicht

Wo Neuankömmlinge in Berlin die Sprache erlernen können

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Ελληνικά (Griechisch)

Wer aus dem europäischen Süden in der deutschen Metropole ankommt, stellt sich zunächst einmal die existenziellen Fragen: Wie finde ich eine Wohnung? Dann: Wie finde ich einen Job? Welche Hilfsangebote gibt es seitens der deutschen Gesellschaft, wenn ich hier Fuß fassen will? Und: Wie kann ich die Sprache erlernen? diablog.eu führte ein Gespräch mit Martina Fedder, einer Mitarbeiterin von „Arbeit Sofort“ zu diesen Themen.

 Wo sitzen denn die Ansprechpartner für diese existenziellen Fragen?

Tja, ich glaube, dass sie sich nicht gerade verstecken, aber auch nicht so leicht zu finden sind. Wenn sich jemand anmeldet in Berlin, geht er als Erstes zum Bürgeramt mit seiner Wohnadresse und wird damit zum Berliner Bürger. Dann kann man schon mal beim Bürgeramt fragen: Was tue ich, wenn ich keinen Job und keine Perspektive habe? Dann bekommt man erst mal die Antwort: Wenden Sie sich an die Arbeitsagentur oder an die Berliner Jobcenter.

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Das ist schon mal verwirrend, weil die Neuankömmlinge nicht verstehen, wo der Unterschied zwischen den beiden liegt. Der Oberbegriff ist „Arbeitsagentur“, der zerfällt organisatorisch in „Arbeitsagentur“ und „Jobcenter“. Ansprüche europäischer Einwanderer an die Arbeitsagentur sind eher selten, für sie kommen eher die Jobcenter in Frage. Dieser bürokratische Dschungel ist zunächst schwer zu durchblicken, vor allem für jemanden, der die Sprache noch nicht ausreichend beherrscht. Die Jobcenter schicken üblicherweise solche Leute wieder weg mit der Aufforderung, einen Dolmetscher mitzubringen. Wir sind zwar in einer Metropole, aber da kann man schon den Eindruck bekommen: So schnell hilft mir hier keiner.

Wohin kann man sich noch wenden, außer ans Bürgeramt und ans Jobcenter?

Es gibt natürlich auch gemeinnützige Einrichtungen, die Arbeiterwohlfahrt zum Beispiel, die Beratungsstellen für Migranten in Berlin hat und als erste Anlaufstelle dienen kann. Kirchliche oder bezirkliche Einrichtungen für Beratung kann man bei den Bürgerämtern erfragen. Dann gibt es Programme der Europäischen Union im Rahmen des Europäischer Sozialfonds, die das Leben europäischer Migranten in anderen Ländern unterstützen. Die machen Integrationsangebote speziell für junge Leute. Da muss man sich vor allem im Internet schlaumachen, um diese Angebote zu finden. Unter den Schlagwörtern Europäischer Sozialfonds, Sprachförderung und Beratung für Migranten kann man Etliches finden.

Was ist mit dem Bundesamt für Integration und Flüchtlinge?

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Ja, das sogenannte BAMF ist eine weitere Anlaufstelle. Als europäischer Ausländer hat man einen Anspruch auf einen Integrationskurs über 600 Stunden, und zwar von Anbietern, die vom BAMF die Erlaubnis dazu haben. Diese Kurse umfassen Spracherwerb in den Anfängerstufen, Informationen über das Leben in Berlin, die bürokratischen Besonderheiten und den Aufbau der bundesrepublikanischen Gesellschaft. 600 Stunden klingt erst mal viel, aber nach Abschluss des Kurses hat man erst ein Sprachniveau von B 1 erreicht. Damit kann man hier noch nicht viel anfangen. Man braucht mindestens B 2, um bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben oder eine Ausbildung anzufangen.

Können sich Neuzuwanderer so eine lange Anlaufzeit leisten?

Viele sind finanziell nicht in der Lage, so lange Deutsch zu lernen, bis sie dieses Niveau erreicht haben, um einen entsprechenden Job zu finden. Das würde im Durchschnitt 1,5 bis 2 Jahre dauern. So gibt es oft Brüche in dieser Integrationsphase, und die Leute suchen sich einen Job, den man auch mit geringeren Sprachkenntnissen ausüben kann. Das ist oft im Bereich der eigenen Community, also griechisches Restaurant z. B., oder englisch-sprachige Start-up-Unternehmen, im Internetbereich, in der Künstlerszene oder im Event-Bereich. Dann ist die Konzentration auf das Erlernen der Sprache nicht mehr so gegeben, weil man ist ja hierhergekommen, um schnell einen Job zu finden. Es bräuchte große finanzielle Reserven, um Sprache und Kultur, Land und Leute wirklich grundlegend kennen zu lernen.

Wie kommt man an einen über B 1 hinausführenden Sprachkurs?

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Auf B 1 haben alle Anspruch, weiterführende Kurse kann man über vom Europäischen Sozialfonds geförderte Träger besuchen. Dafür muss man aber unter 27 Jahre alt sein. Man bekommt Sprachkursangebote und Unterstützung bei Bewerbungsbemühungen. B 1 ist nicht notgedrungen die Voraussetzung dafür. Wenn man vom Jobcenter Leistungen bezieht, kann es sein, dass B 1 eingefordert wird. Bei Trägern wie „Arbeit Sofort“ bekommt man – als Abgrenzung von den Integrationskursen des BAMF – nur berufsbezogene Sprachkurse. Arbeitsmarktrelevante Berufe sind z. B. Pflegeberufe, wo großer Fachkräftemangel herrscht, oder Gastronomieberufe, Service- und Verkaufsberufe, wo man relativ schnell ein Niveau erreicht, das einen dafür qualifiziert.

Bei den meisten Trägern sind diese Kurse mit einem Praktikum verbunden, das kann man parallel oder hinterher absolvieren. Bei uns ist es so, dass die Kurse für ein Sprach-Level 6 Monate dauern, und zwar halbtags und mit dem jeweiligen berufsbezogenen Schwerpunkt. Parallel absolvieren die Teilnehmer ein Praktikum von 10 Wochenstunden, um das Gelernte gleich in der Praxis anzuwenden, in den deutschen Arbeitsmarkt hineinzuschnuppern, Kontakte zu knüpfen und eingebunden zu sein in eine Arbeitsstruktur.

Welchen Eindruck haben Sie persönlich von der Effektivität dieser Sprach- und Integrationskurse?

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Als Mitarbeiterin eines solchen Trägers ist es für mich interessant, wie die unterschiedlichsten Menschen in so einem Kurs aufeinandertreffen und sich gegenseitig anspornen. Und zwar nicht nur, was den Spracherwerb betrifft. Es entstehen schöne multikulturelle Netzwerke. In den letzten 2-3 Jahren ist der Zustrom aus den südeuropäischen Ländern – Italien, Spanien und Griechenland – nach Berlin deutlich stärker geworden. Jetzt haben wir in unsere Kursen eine andere Mischung, und nicht mehr nur türkische, arabische, russische und polnische Bürger Berlins, die Deutsch lernen wollen.

Die Kursteilnehmer machen auch Exkursionen miteinander, Präsentationen ihrer Heimatländer, gemeinsame Aktivitäten. Aus der Perspektive des Sozialarbeiters finde ich es schön, dass nicht die einzelnen Cliquen zusammenhocken, sondern dass es einen Austausch unter den verschiedenen Gruppen gibt. Es ist eine gegenseitige Bereicherung, und es erweitert den Horizont aller Beteiligten, zu hören, wie man sich ein Leben in dieser Stadt aufbauen kann, auch wenn man aus einem ganz anderen Kulturkreis kommt.

Tipp: Die AWO – Fachstelle für Integration und Migration Neukölln, Donaustraße 113, 12043 Berlin, bietet mehrsprachige Beratungen an nach telefonischer Terminabsprache: 030 6231068 zu den Themen: Aus- und Weiterbildung, Anerkennung, Klärung von Leistungsansprüchen, Umgang mit Behörden, etc.

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1 Gedanke zu „Nix Deutsch geht nicht“

  1. Hallo an alle.

    Ich bin selbst ausgewandert und musste bzw. wollte schnell Spanisch lernen. Ich weiss also wie es sich anfühlt in einem neuen Land zu sein und die Sprache nicht zu sprechen. Leider helfen viele Kurse nicht weiter, aber ich hatte das grosse Glück jemanden zu treffen, der mir Spanisch spielerisch beibrachte. Die Methode errinnert stark an das Erlernen der Muttersprache. Für alle die Probleme mit dem Deutsch lernen haben, habe ich eine Seite gefunden die solch eine Methode verwendet. Schaut einfach bei https://123deutsch.com/ rein und ihr findet eine Menge kostenloses Material…viel Spass

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