Kretische Lyra: Klänge zwischen Folk und Rock

Interview mit Georgia Dagaki, Musikerin


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diablog.eu traf sich mit der kretischen Lyra-Virtuosin Georgia Dagaki, die in Berlin ihr neues Album herausbringt. Heute feiert die Platte, die vom Berliner Label Monopol hergestellt wurde, ihre Release-Party im deutschsprachigen Raum. Anfang November gibt es die Gelegenheit, die Künstlerin live zu erleben. Ihre Deutschland-Tournee führt sie unter anderem nach Hamburg, Frankfurt und Berlin.

Georgia, du hast als Musikerin zu deinem Instrument, der kretischen Kniegeige, eine sehr intensive Beziehung. Gleichzeitig ist die Welt der kretischen Musik eine Männerdomäne. Auch, als du mit Eric Burdon gespielt hast, warst du die einzige Frau auf der Bühne. Wie fühlst du dich als Musikerin dabei?

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Das stimmt, die kretische Lyra ist seit vielen Jahren ein hauptsächlich von Männern gespieltes Instrument. Mein Gefühl sagt mir, sie ist ein Teil von mir. Ich habe sie nie als etwas gesehen, das nicht zu mir gehört – weder anfangs, als ich mir als ganz junges Mädchen dieses Instrument ausgesucht habe, noch später. Den anderen erschien diese Wahl seltsam und ungewöhnlich. Die Tatsache, dass ich immer schon gern provoziert habe und immer schon ein widerspenstiges Kind war, hat meine Wahl, vielleicht auch unbewusst, beeinflusst. Die Vorgeschichte meiner Eltern und die Musik, die wir zu Hause gehört haben, wurden an mich weitergegeben. Mein Urgroßvater war Lyraspieler und auch ein anderer Verwandter, Thanassis Skordalos, war ein herausragender musikalischer Lehrer. All diese DNA hat auf jeden Fall eine Rolle gespielt. Das war mein Weg, so empfinde ich das. Ich hätte gar nicht anders handeln können. Die Wahl dieses Instruments ist sowohl bewusst als auch unbewusst getroffen worden.

Du stellst interessante Verbindungen zwischen der traditionellen Lyra-Musik und Rock und Jazz her. Wie ist es zu deiner Zusammenarbeit mit Eric Burdon gekommen?

Ich habe Eric in Griechenland kennengelernt, so seltsam das klingt. Er hat mich bei einem Auftritt auf einer Athener Bühne gehört und war vom Klang der Lyra begeistert. Ein mit ihm befreundeter griechischer Produzent, der seine Tour nach Athen organisiert hatte, hat mich danach angesprochen. „Eric will dich nach Deutschland einladen und die Lyra auf seiner neuen Platte einspielen. Der Sound fasziniert ihn.“ Natürlich habe ich zugesagt. Es war eine große Ehre und Freude für mich, und so begann unsere Zusammenarbeit. Dann bin ich nach Hannover gefahren, wo wir Lieder aufgenommen haben, die ich erst am Vorabend zum ersten Mal gehört habe, bevor wir um acht Uhr morgens ins Studio gingen.

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Die ganze Tour war musikalisch und menschlich eine tolle Erfahrung. Er ist eine Legende, ein großzügiger und zugänglicher Mensch! Das war sehr lehrreich für mich, was die Art und Weise betrifft, wie man mit seinen musikalischen Partnern, mit der Musik selbst umgehen sollte, wie man sich als Persönlichkeit geben soll. Das war sehr wichtig für mich. Etwa zwei Jahre später hat er mir vorgeschlagen, mit ihm auf Europa-Tournee zu gehen. Wir waren anderthalb Monate on the road, es waren berührende und musikalisch aufregende Momente. Obwohl ich eher in die moderne griechische Musikszene involviert war, erhielt ich durch Eric die Gelegenheit, ein anderes Repertoire, Jazz und Rocksongs zu spielen, und mich mit diesen Klängen tiefer gehend zu beschäftigen. Bis dahin hatte ich damit experimentiert, aber diese Tournee öffnete mir einen ganz neuen Weg.

Bist du gerade in Berlin gewesen, um deine dritte Platte einzuspielen?

Nicht, um sie einzuspielen, sondern um die in Griechenland fertiggestellte Platte mit dem Titel „Phobie“ durch die deutsche Firma Monopol herauszubringen, die für den Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz sorgen wird. Es ist für mich und generell für einen griechischen Künstler, der ein traditionelles Folk-Instrument spielt, ungeheuer wichtig, dass seine Musik in viele Länder der Welt reisen kann. Ich bin sehr froh um diese Chance, wir haben hart dafür gearbeitet. Es ist im Grunde meine erste wirklich eigene Platte. Die früheren Alben waren Bearbeitungen und Stücke mit einem traditionellen Klangspektrum. Die neue Platte drückt den derzeitigen Standard meiner Live-Performance am besten aus, was die musikalischen Elemente, die Orchestrierung und die Ästhetik betrifft. Bereits bevor ich meinen Vertrag in Griechenland unterschrieben hatte, wurde mir von Monopol der Vorschlag gemacht, das Album hier mastern und pressen zu lassen. In Berlin haben wir dann über die Songs gesprochen, die den Leuten vom Label sehr gut gefallen haben.

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Ich habe mich ein wenig darüber gewundert, als ich im Internet las, dass dein zweites Album „Secret Love“ sich mehr an ein ausländisches Publikum richten soll, und dein erstes eher an ein griechisches. Trifft das wirklich zu, dass man als Künstler mehr an das eine Publikum denkt als an das andere?

Mein erstes Album war rein kretisch und somit rein regional, es war in Kreta herausgekommen, und ich war noch sehr jung. Es war ein Zeugnis für alles, was damals in meinem Leben musikalisch eine Rolle spielte. „Secret Love“ bestand vorwiegend aus Bearbeitungen. Seitdem sind ein paar Jahre vergangen. Um die musikalischen Möglichkeiten meines Instruments weiterzuentwickeln, habe ich mich auf Experimente und Kooperationen eingelassen, die meinen ganzen musikalischen Kosmos verändert haben. In der Musik kann man nicht eindimensional bleiben. Man durchläuft verschiedenen Stadien, bis man das findet, was einen am tiefsten prägt. Eine Weile später findet man dann etwas anderes, was man zum Ausdruck bringen möchte. Weil ich nicht nur Sängerin, sondern Instrumentalistin bin, brauche ich diese Möglichkeit, ständig neue Welten zu entdecken. Das heißt nicht, dass diese Alben keine Gemeinsamkeiten haben. Sie verkörpern meine persönliche Klangwelt und meinen ästhetischen Anspruch, aber „Phobie“ ist am nächsten dran an der Entwicklung der letzten Jahre. Darin finden sich nur noch ganz wenige Bearbeitungen und dafür zehn brandneue Songs. Für mich ist der Moment jetzt sehr spannend und aufregend: Wie werden sie beim Publikum ankommen?

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Tourdaten Georgia Dagaki: 31.10. in Minden, am 2.11. in Hamburg, am 3.11. in Köln, am 4.11. in Frankfurt/Main und am 6.11. in Berlin. Foto: Despina Zitaki.

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1 Gedanke zu „Kretische Lyra: Klänge zwischen Folk und Rock“

  1. Hallo Michaela, dieses Interview ist mir bekannt, aber eas freut mich ungemein, es wieder zu lesen. Da ich Georgia schon dreimal live erlebt habe und jeweils mit ihr
    gesprochen habe ‘( doxa to Taki ), ist das eine wehmütige Erinnerung. Georgia war -soweit ich weiß – nicht wieder in Deutschland. Aber ich habe ihre CDs und habe damit auch schon auf Radio Z ( ein kleiner Nürnberger Radiosender ) Sendungen (zumindestens teilweise ) gemacht. Ich muss Taki mal wieder nach ihr fragen ! Nun freue ich mich auf weitere Adventstürchen ! Me pollous xairetismous Dietrich

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