Die Dunkelkammer

Theaterstück mit Texten von Stratis Myrivilis und Erich Maria Remarque

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Ελληνικά (Griechisch)

10.-13.2. Wiederaufnahme von Kostis Kallivretakis’ Stück „Die Dunkelkammer“ im Ballhaus Naunynstraße, Berlin, nach Texten von Stratis Myrivilis und Erich Maria Remarque.

Foto, Illustration Die Dunkelkammer

Die Dunkelkammer

Theaterstück nach Texten von Stratis Myrivilis und Erich Maria Remarque
mit Michail Fotopoulos und Frank Seppeler
Regie: Kostis Kallivretakis
10.-13. 2. 2016, 20 Uhr (auf Deutsch und Griechisch mit Übertiteln)
Ballhaus Naunynstraße
Naunynstraße 27, 10997 Berlin, 
Online-Tickets: www.ballhausnaunynstrasse.de, Reservierungen (030) 75453725
Eintritt 7 € / 5 €

Ein Besuch bei den Rückkehrern von der Westfront. Aus einem Krieg, der anders war, als jeder Krieg zuvor, weil er von einer Kriegsmaschinerie dominiert wurde, auf die weder der menschliche Geist, noch der Körper vorbereitet war. Tausende Tote täglich und unzählbare schreckliche Verletzungen bei den Überlebenden. Soldaten, die an ihre psychische Belastungsgrenze gebracht und in Folge ihrer Traumata oft als „hysterische Simulanten“ abgestempelt wurden.

Die Dunkelkammer, © Ute Langkafel MAIFOTO
Die Dunkelkammer, © Ute Langkafel MAIFOTO

Wie kann man eine schockierte Gesellschaft begreifen? Menschen, deren Leben auf den Kopf gestellt wurde, während sie nicht wissen, ob sie fürchten oder hoffen, kämpfen oder kapitulieren sollen? Krise, Krieg oder Koma? Kostis Kallivretakis macht sich auf eine Zeitreise, nicht um fertige Antworten zu finden, sondern um den passenden Raum für seine Fragen zu schaffen. Er geht ein Jahrhundert zurück zur ersten schockierten Generation Europas – von gegenwärtigen Ausnahmezuständen zur Geburt des Shell Shock im Ersten Weltkrieg.

Die Paranoia kämpft sich in den Vordergrund, zielt auf den einzelnen Soldaten und trifft dabei ganze Gesellschaften.

Die Dunkelkammer, © Ute Langkafel MAIFOTO
Die Dunkelkammer, © Ute Langkafel MAIFOTO

Eine Dunkelkammer, in der kein Bild entwickelt wird, sondern Erinnerungen, die langsam greifbar werden. Mal nur schemenhaft wahrnehmbar, mal messerscharf und lebendig. Was ist echt, was Hirngespinst? Wer ist dieser Mensch da drüben? Dein Bruder? Dein Feind? Ist der überhaupt echt? Was ist da draußen passiert? Und wann ist es endlich vorbei?

Foto: Zwei Männer über Kopf, Körper und Beinen mit einem hellblauen Band verbunden

Der Text des Theaterstücks ist im Wesentlichen eine Collage von Auszügen aus “Das Leben im Grabe” von Stratis Myrivilis und “Im Westen nichts Neues” von Erich Maria Remarque. Das Buch von Myrivilis, das 1986 bei Romiosini erschienen ist, steht seit einigen Tagen auf der Website der Edition Romiosini (CEMOG) im Internet, wo es jedermann frei lesen kann. Ulf-Dieter Klemm hat seine damalige Übersetzung leicht überarbeitet und ein neues Nachwort dazu geschrieben. Die Neuauflage enthält auch ein längeres Vorwort aus der Feder der Philologin Niki Lykourgou.

Das Schicksal der beiden Bücher ist übrigens eine hervorragende Illustration, wie es Büchern aus “kleinen” Sprachen ergeht.

“Im Westen nichts Neues” ist laut Wikipedia in über 50 Sprachen übersetzt worden und hat eine Gesamtauflage von über 20 Millionen Exemplaren erreicht, angeblich die höchste Auflage eines ursprünglich in Deutsch geschriebenen Werkes.

“Das Leben im Grabe” ist zwar mit über 100.000 Exemplaren Gesamtauflage in Griechenland ein Bestseller, die internationale Verbreitung ist aber kümmerlich. Es gibt eine längst vergriffene französische Übersetzung aus den 30er Jahren mit Titel “De profundis” sowie eine Übersetzung ins Englische von Peter Bien aus den 60er Jahren, die vor einiger Zeit als Paperback neu herausgebracht wurde. Was die deutsche Übersetzung angeht, so hatte der Cotta Verlag in den 60er Jahren vorübergehend Interesse, das Buch auf Deutsch herauszubringen, hat dann aber davon Abstand genommen. Klemms Übersetzung ruhte dann jahrelang in einer Schublade seines Schreibtischs, bis Hans und Niki Eideneier das Buch dann 1986 herausgebracht haben.

Zwei Männer heben die Faust
Die Dunkelkammer, © Roberta Sant-Anna

Vergleicht man die beiden Bücher, so braucht sich der griechische Text keineswegs hinter dem Buch von Remarque zu verstecken. Das ist sicher auch die Auffassung von Kostis Kallivretakis, der die beiden Texte in einen Dialog gebracht hat. Bei “Das Leben im Grabe” handelt es sich um einen der großen Antikriegsromane, die nach dem 1. Weltkrieg geschrieben wurden, gleichwertig mit “Le feu” von Henri Barbusse und “Menschen im Krieg” von Andreas Latzko.

Fotos: Roberta Sant-Anna, Ute Langkafel-MAIFOTO

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Ελληνικά (Griechisch)

Schreibe einen Kommentar