Das Geschenk

Kleine Lebenshilfen von Stefanos Xenakis

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Ελληνικά (Griechisch)

Neuerscheinung Lebensratgeber von Stefanos Xenakis: Das Leben ist ein Geschenk – wenn wir nur unsere Augen und unser Herz für die kleinen Wunder des Alltags öffnen. Genau das tut der griechische Bestseller-Autor Stefanos Xenakis, er schreibt über Dankbarkeit, Mitgefühl, Verbundenheit und Liebe. Es liegt aber an uns, ob wir die Geschenke des Lebens erkennen und wertschätzen können.

diablog.eu präsentiert zwei der Geschichten über die Schönheit des Lebens, übersetzt von Susanne Lötscher.

DEIN GRUNDSTÜCK

Du hast ein Stück Land bekommen. Niemand war es dir schuldig. Du solltest dich darum kümmern, heißt es. Und jemand brachte dir die Grundlagen bei: Du solltest es pflügen, bewässern, düngen, auflockern, erneuern. Du solltest es ruhen lassen. Du solltest es lieben.

Einige hielten sich an das, was man ihnen gesagt hatte. Aber dann hörten sie auf. Sie dachten, sie wüssten schon alles, und nahmen sich nicht die Zeit, um mehr dazuzulernen.

Anderen hörten nicht einmal auf das, was man ihnen gesagt hatte, sondern taten das, was sie für richtig hielten. Sie waren ungeduldig und taten das Gegenteil dessen, was man ihnen gesagt hatte. Aber so sägten sie am eigenen Ast, und ihr Stück Land verdorrte.

Wieder andere beschlossen, mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Sie wollten es genau wissen, stellten Fragen, lasen Bücher und hörten zu. Und sie lernten dabei das Wichtigste: dass sie nichts wussten. Da beschlossen sie, lebenslang zu lernen. Ihr Leben veränderte sich, und sie veränderten auch das Leben  anderer Menschen. Und aus ihrem Stück Land wurde ein Paradies.

trockene Landschaft

Andere haderten mit dem Schicksal, weil sie kein Grundstück am Meer bekommen hatten, weil es  nicht oft genug regnete oder weil jene, die mehr Erfolg hatten, die richtigen Leute kannten. Manche von ihnen versuchten es mit einem anderen System: Den Reichen sollte etwas weggenommen und den Armen gegeben werden. Statt zu beobachten, was die Reichen taten, und es ihnen nachzumachen. Das sind diejenigen, die ihren Nachbarn um seinen Wohlstand beneiden und sich wünschen, sein Stück Land möge verdorren.

Manchen ist es im Winter zu kalt, anderen im Sommer zu warm. Manchen ist es im Sommer zu warm und im Winter zu kalt. Manche wissen nicht, was sie wollen, und manche wollen einfach nicht wollen. Sie meinen, wenn ihnen der Januar nicht passt, bräuchten sie nur das Kalenderblatt abzureißen. Und sie verlangen von anderen, dies auch zu tun. Wehe dem, der das Kalenderblatt nicht abreißt!

Aber der Januar kommt gewiss, so wie alle Monate und alle Jahreszeiten. Es gibt eine Zeit zum Säen und eine Zeit zum Ernten, eine zum Gießen und eine zum Umtopfen. Jede Pflanze hat ihre Eigenheiten. Die eine muss man aussäen, die andere umtopfen. Die eine hat Knollen, die andere ist gepfropft. Halte dich an die Regeln und beschäftige dich mit deinem eigenen Grundstück. Wenn du dich mit dem deines Nachbarn befasst, verdorrt dein eigenes. Deine Aufgabe ist es, das zu vermehren, was du bekommen hast, damit du es besser und größer weitergeben kannst. So funktioniert das Universum. Was nicht wächst, schrumpft und geht schließlich ein. So wie beim Fahrrad: Wenn man nicht damit fährt, fällt es um. Ein guter Bauer hat gelernt, zu warten und Vertrauen zu haben. Aber er hat vor allem gelernt, wie man etwas anbaut.

Doch auch das hat er erst im Lauf der Zeit gelernt, indem er gearbeitet und Fehler gemacht hat. Hab deshalb keine Angst vor Fehlern. Deine Fehler sind deine Erfahrungen. Lerne aus ihnen. Hab eher Angst vor der Angst, Fehler zu machen. Wer Misserfolge vermeidet, vermeidet auch Erfolg. Eine Fußballmannschaft, die spielt, um kein gegnerisches Tor zu kassieren, wird am Ende verlieren. Am Anfang wirst du deine Pflanzen zu stark gießen, du wirst sie zum falschen Zeitpunkt pflanzen und vergessen, sie zurückzuschneiden. Du wirst dein Grundstück auslaugen und es nicht mehr lieben. Du wirst nörgeln. Du wirst es nicht einzäunen. Betrachte es wie eine Leiter: Für jede Sprosse, auf der du nicht stabil stehst, fällst du zwei Sprossen zurück. Wie beim Brettspiel „Schlangen und Leitern“.

Pass einfach auf, dass deine Tage nicht träge dahinplätschern und dein Leben nicht nur dahinfließt.

Jeder Tag ist ein Geschenk.
Pack es aus. Wirf es nicht weg.

Hüte dich vor einem bequemen Leben.
Das ist der langsame, sichere Tod.
Liebe deine Probleme.
Die bringen dich weiter.
Freue dich über Entbehrungen.
Stark wird ein Baum nicht von allein.

Je stärker der Wind, desto robuster der Baum.

STARTE MIT SCHWUNG IN DEN TAG

Entweder du lebst oder du wirst gelebt. Ein bisschen schwanger gibt es nicht. Wenn der Ball übers Netz fliegt, gibt es kein Zurück. Erst recht nicht hier auf der Erde. Du kommst nicht mehr zurück. Aber auf einer Seite des Spielfelds ist es Tag und auf der anderen Nacht. Auf der einen Seite stehen Klagen, Nörgeleien, Wut, Hilflosigkeit, Verzweiflung, auf der anderen Freude, Miteinander-Teilen, Selbstwertgefühl, Erfolg und Stärke. Probleme gibt es auf beiden Seiten, und sie werden dich ein Leben lang begleiten. Wenn du keine mehr hast, bist du fertig. Manche  Probleme sind wie verrostete, unbenutzte 20-Kilo-Hanteln, die nach Schweiß riechen. Als kämen sie aus einem zweitklassigen Fitnessstudio. Aber es gibt auch andere, die schöne Farben haben und einen Smiley drauf – als würden sie dir zuzwinkern.

Du kannst zwar nicht dein Leben bestimmen, aber deine Gewohnheiten, und die wiederum bestimmen dein Leben. Wenn du es so weit bringen willst wie erfolgreiche Menschen, dann musst du auch das tun, was diese Menschen tun.

Der Kanadier Robin Sharma hat mich wie wenige andere Menschen beeinflusst. Von ihm hörte ich zum ersten Mal, wie wichtig es ist, morgens früh aufzustehen. Steh um fünf Uhr morgens auf, wenn alle anderen noch schlafen und du richtig energiegeladen bist. Starte mit Schwung in den Tag. Wache zusammen mit deinen Träumen, deinen Zielen, deinen Fitnessübungen auf. Wache zusammen mit dem Leben auf. Plane es Tag für Tag, als wärst du der bedeutendste Mensch der Welt. Für dich bist du das nämlich auch. Die wichtigste Botschaft ist aber die, die du dir selber schickst. Wenn du den Kampf gegen das Bett gewonnen hast, zeigst du damit, dass du dein Leben bestimmst. Die Botschaft ist so laut, dass auch dein anderes Ich sie hört, der Couch-Potato, der Faulenzer, der Bequeme. Der findet, dass du noch ein bisschen Schlaf verdient hast, und sagt: „Was willst du denn draußen in der Eiseskälte?“ Der sagt, du sollst deine Träume noch ein bisschen aufschieben, bis wir aus der Krise raus sind. Der es sich gemütlich gemacht hat und wie eine träge Katze schnurrend am Kamin sitzt. Das eine Selbst steht auf der einen Seite des Spielfelds, das andere Selbst auf der anderen. Befreie dich von diesem anderen Selbst, jenem, das deine Träume im Keim erstickt, bevor sie überhaupt Wurzeln schlagen können. Dieses Selbst stiehlt dir dein Leben, bevor es erblühen kann. Es ist ein langsamer Tod. Befreie dich davon.

Wach auf und entscheide du, in welcher Mannschaft du spielen willst.

Früh aufstehen ist der Anpfiff für das Spiel des Lebens.

Der Anpfiff muss so laut sein, dass die ganze Welt dich hört.

Stefanos Xenakis, Das Geschenk, Kailash Verlag, München 2021
Aus dem Griechischen von Susanne Lötscher
Hardcover, 336 Seiten, 13,5 x 17,5 cm, mit Illustrationen
ISBN: 978-3-424-63218-7

Stefanos Xenakis ist Trainer für Persönlichkeitsentwicklung/Personalentwicklung, ein Social-Media-Phänomen mit großem Charisma und Griechenlands bekanntester Lebenshilfeautor. Mit „Das Geschenk“ landete er auf einem Spitzenplatz der griechischen Bestsellerliste, wo er über 80 Wochen blieb. Er ist ein gefragter Interview-Partner und gehört mittlerweile zur Riege international bekannter Speaker (z.B. TEDtalks). In Griechenland tourt er mit seinem Workshop „13 stories that can change your life“. In diesem Jahr wurde der zweite Band von „Das Geschenk“ veröffentlicht. Der Autor ist stolzer Vater von zwei Töchtern.

Susanne Lötscher wurde in Deutschland geboren und lebt seit 2006 in der Schweiz. Nach einem sprach-/literaturwissenschaftlichen Studium (Französisch/Latein in München und Montpellier) arbeitete sie mehrere Jahre in der freien Wirtschaft. Seit 1993 ist sie Korrektorin und Lektorin sowie Übersetzerin vor allem populärer Sachbücher und Buchbeiträge aus sechs europäischen Sprachen (https://transkorrekt.ch).

Text: Stefanos Xenakis. Übersetzung: Susanne Lötscher. Fotos: A. Tsingas

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