Ouzo Gatsios – von Neochori in die weite Welt

Torsten Haselbauer zu Besuch in der Destillerie

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Ouzo wird in ganz Griechenland von großen, teils internationalen Produktionsfirmen hergestellt. In ganz Griechenland? Natürlich nicht! Einige kleine Destillerien stemmen sich noch mit Erfolg gegen diese Entwicklung. Eine davon ist die Firma Gatsios in Epirus. Torsten Haselbauer hat den Familienbetrieb für diablog.eu besucht.

„Probier´ doch mal den Gatsios“, schlug mir ein Tavernenbesitzer vor. „Er hat einen sehr guten, weil intensiven und würzigen Geschmack. Dabei ist er nicht zu scharf, fast fruchtig.“ Und, als ob das nicht schon genügen würde, schob er noch hinterher: „Der Ouzo wird hier ganz in der Nähe produziert. In einem Familienbetrieb in der vierten Generation.“ Überzeugende Argumente, dachte ich mir, und ein guter Anlass zu einer Besichtigung der Destillerie Gatsios.

Mann vor der Destillerie

Thomas Gatsios wartet schon vor dem Eingangstor der kleinen, kastenförmigen Fabrik. Im Hintergrund fließt der Fluss Arachthos um die Ecke. Wir befinden uns kurz vor dem Dorf Neochori, unweit der Kreisstadt Arta in der Provinz Epirus im Nordwesten Griechenlands. Hier führt Thomas Gatsios, Mitte 40, gemeinsam mit seinem Bruder Vangelis den Familienbetrieb. „Natürlich sind wir stolz auf unsere Geschichte“, betont Thomas.

Die Historie der Familie Gatsios ist nicht nur lang und aufregend, sondern bürgt auch für Qualität. Im Jahr 1878 verschlug es Thanassis Gatsios von Konstantinopel in das beschauliche Bergdorf Syrrako in den unwegsamen Epirus. Im Gepäck hatte er auch die Rezeptur für seinen Ouzo, der fortan seinen Nachnamen tragen sollte. Der alte Gatsios widmete sich also ausschließlich der Destillierkunst – und das immer erfolgreicher. Zahlreiche Medaillen und vergilbte Urkunden an den Bürowänden in Neochori zeugen davon.

Bild mit Schwarz-Weiß-Foto

Rezeptur, Heimatverbundenheit und Familienbesitz waren über Generationen die Konstanten der lokalen Brennerei. „Ich wollte daran nicht rütteln und gleichzeitig doch einiges verändern“, erinnert sich Thomas Gatsios, der 2006 gemeinsam mit seinem Bruder die Geschäftsführung übernahm. Zu diesem Zeitpunkt war die Firma schon von Syrrako nach Neochori umgesiedelt. „Damals exportierten wir nur in zwei Länder, nämlich nach Deutschland und in den Irak. Heute sind es dreizehn“, erklärt Thomas Gatsios. Der studierte Wirtschaftwissenschaftler verpasste der Firma einen ordentlichen Modernisierungsschub. Auf der langen wie illustren Liste der Exportländer stehen mittlerweile Staaten wie China, Australien oder Russland. In Kürze soll Polen die Nummer 14 werden. „Die Verhandlungen laufen bereits“, verrät uns Thomas Gatsios.

6000 Flaschen die Stunde werden in Neochori in zwei Schichten von 50 Mitarbeitern produziert. Zwei Ingenieure überwachen die modernen Maschinenanlagen. Damit zählt die Fabrik Gatsios im strukturschwachen Raum Arta zu den großen Arbeitgebern. Die Angebotspalette der Firma hat sich längst aufgefächert. Zu dem altehrwürdigen Ouzo gesellen sich Brandy, Tsipouro und diverse Liköre. „Unser nächstes Projekt ist die Ausweitung der Produktionsfläche von 7.000 auf rund 12.000 Quadratmeter.“ Gatsios blickt zufrieden in die Zukunft und auf das Nachbargrundstück. Hier soll eine neue Halle Platz finden. Wenn alles glatt läuft, wird dort ab Januar 2021 eifrig produziert.

In der Destillerie

 

Trotz dieser außergewöhnlichen wie innovativen Erfolgsgeschichte betonen die Gatsios-Brüder immer wieder ihr familiäres Erbe. Nicht ohne Grund. Die kleinen, inhabergeführten Ouzo-Brennereien kämpfen in ganz Hellas um ihre Zukunft. Immer öfter werden sie von großen Herstellern geschluckt. Auf gerade noch 50 Destillerien schätzt Thomas Gatsios die Zahl der Familienbetriebe. „Und selbst wenn der Firmenname gerettet wurde, haben im Hintergrund längst finanzstarke, ausländische Investoren das Sagen“, berichtet der Geschäftsmann. Dieses Phänomen lässt sich in jüngster Zeit immer häufiger ausmachen – selbst bei den großen, traditionellen griechischen Herstellern auf Lesbos.

Alte Ouzo-Fässer

Thomas Gatsios hat die Zeichen der Zeit erkannt und macht aus der Rezeptur für seinen Ouzo ein Geheimnis. Ein bisschen so wie die italienischen Eishersteller in Deutschland, die ja ebenfalls die Details ihres Produkts nicht preisgeben wollen. „Die Qualität der Zutaten wie zum Beispiel Anis, Koriander und diverse Kräuter muss hervorragend sein“, lässt sich Gatsios immerhin entlocken. Und sonst? „Zum Fisch schmeckt der Ouzo meiner Meinung nach am besten. Darüber hinaus ist er ein prima Magenöffner. Eigentlich kann man ihn immer trinken“, meint Thomas Gatsios zum Abschluss unserer Besichtigungstour und lacht.

Text und Fotos: Torsten Haselbauer. Infos zu den Produkten der Brennerei: www.gatsios-distillery.com/de.

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