Griechischer Jazz als Exportschlager

Interview mit Petros Klampanis, Jazzmusiker

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Im Rahmen des Berliner XJAZZ-Festivals 2017 hatte diablog.eu die Gelegenheit, Petros Klampanis zu hören, einen der talentiertesten Kontrabassisten der internationalen Jazz-Szene, der sein neues Album CHROMA präsentierte. Evi Balatsiou hat sich mit dem Musiker unterhalten.

Petros Klampanis studierte Musik in Athen, Amsterdam und New York, spielt mit renommierten Kollegen und tritt in Konzertsälen wie Carnegie Hall und Lincoln Center und bei internationalen Musikfestivals auf. Auch mit dem lettischen Sinfonieorchester hat er eine Reihe von Konzerten absolviert.

Mit seiner ersten CD „Contextual“ (2011) hat er nicht nur Publikum und Kritik, sondern auch angesehene Kollegen begeistert. Die zweite CD „Minor Dispute“ wurde 2015 von der National Public Radio-Organisation der USA zu einem der besten Jazz-Alben des Jahres gewählt.

Wir könnten lange über Ihre Erfolge reden, Herr Klampanis. Aber hier lieber unsere erste Frage: Sie wurden auf der griechischen Insel Zakynthos geboren und studierten nach dem Schulabschluss zunächst an der Technischen Universität Athen. Wie sind Sie zur Musik und insbesondere zum Jazz gekommen, wieso sind Sie von einem Technikstudium auf die Musik umgestiegen?

Die Musik ist sehr früh in mein Leben getreten. Ich wuchs, wie erwähnt, auf Zakynthos auf, in einem durch und durch musikalisch geprägten Ort. Jazz lernte ich in meiner Jugend kennen. Als meine Klavierlehrerin meine Neigung zum Improvisieren bemerkte, begann sie mir Musikkassetten von Dave Brubeck, Chick Corea und Miles Davis zu schenken.  Sehr schnell begeisterte ich mich für die Improvisation, den speziellen Groove und die indirekte Tanzbarkeit des Jazz, für seine vielfältigen Harmonien, die für meine jungen Augen und Ohren ein großes Mysterium waren.

Petros Klampanis, Kontrabassist, mit Band auf der Bühne
Petros Klampanis und Band, XJAZZ-Festival 2017 Berlin, ©Sevi Tsoni

Gibt es „griechischen Jazz“?

In der Jazz-Szene Griechenlands herrscht eine Menge musikalisches Können, Kreativität und Begeisterung. Daraus entstehen bestimmt bald musikalische „Produkte“ mit einem ganz besonderen, selbstbewussten Charakter. Wir sind quasi Zeugen bei der Geburt eines „griechischen Jazz“, der ausgeprägt genug sein wird, um einen Platz in der globalen Musikszene zu erobern.

Welche internationalen Kooperationen waren für Sie bis jetzt die erfolgreichsten?

Besonders möchte ich die Zusammenarbeit mit den von mir sehr geschätzten israelischen Musikern Gilad Hekselman, Shai Maestro und Oded Tzur hervorheben. Ganz wichtig war für mich die Kooperation mit dem griechischstämmigen New Yorker Vibraphonisten Christos Rafailides, mit dem ich viel musiziert habe und getourt bin. Eines meiner bedeutendsten Projekte entstand mit der großartigen griechischen Sängern Dimitra Galani. Nicht zu vergessen meine Zusammenarbeit mit dem Pianisten Jean-Michel Pilc und dem Saxophonisten Greg Osby. Eine neue Perpektive, die ich gerne noch mehr ausbauen möchte, ist kürzlich mit dem estnischen Pianisten Kristjan Randalu und dem polnischen Schlagzeuger Bodek Janke entstanden. Schon bald werden Sie mehr von unserem Trio hören.

Werden Sie eher von anderen Kontrabassisten inspiriert oder von Ensembles, mit denen Sie zusammengespielt haben?

Von beiden, jedoch auf unterschiedliche Weise. Inspiriert werde ich grundsätzlich  – und das war immer schon so – von guter Musik. Die Projekte, an denen ich teilgenommen habe, haben sich für mich immer als Glücksfall herausgestellt.

Welchen Kontrabassisten mit einem ausgeprägten, individuellen Sound hätten Sie gern persönlich kennengelernt?

Das wäre sicher Ray Brown gewesen. Er war der Mann, der im Grunde die Art und Weise definierte, wie heute der Bass im Jazz klingt. Darüber hinaus hatte er einen eleganten, kraftvollen Stil. Außerdem weiß ich, dass er ein eindrucksvoller Lehrer und Mensch war. Auf meiner Liste der größten Kontrabassisten steht er ganz oben.

In wenigen Tagen werden Sie, nach New York und Athen, in Berlin Ihr neuestes Projekt vorstellen. Was inspiriert Sie an dieser Stadt?

Berlin liebe ich sehr. Es ist eine sehr junge Stadt, mit intensiver Vergangenheit, voller Vitalität, ehrlich und an Künstlern sehr interessiert. Mich inspiriert das Multikulturelle und Raue dieser Stadt in Verbindung mit ihrem europäischen Charakter. Ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt, hier zu leben. Wer weiß, was die Zukunft noch bringt?

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CHROMA ist der Titel Ihres neuen Albums. Warum haben Sie es so genannt?

CHROMA ist ein musikalisches Projekt, das sich die Frage stellt: „Was ist deine Farbe?“ Was sind die Elemente, die unseren inneren Kosmos ausmachen und unsere Entscheidungen und Verhaltensweisen bestimmen? Jedes davon könnte eine Farbe haben. Ihr Zusammenspiel ergibt die einzigartige Farbkomposition, die uns definiert. Und das ist CHROMA.

Ich höre gerade „Shades of Magenta“, den letzten Titel des Albums, und frage mich, wie sich alle diese fabelhaften Musiker zusammengefunden haben.

Manchmal stelle ich mir Folgendes vor: Wir sind ja letztendlich alle Säugetiere. Genauer gesagt, stammen wir vom Affen ab. Einige sind klein oder aggressiv, einige sind (ja, warum nicht?) charmant, andere haben Erfindergeist oder sind Machos, manche wieder sind passiv oder ängstlich veranlagt. Das ist ein spannendes Gedankenspiel und ziemlich befreiend, muss ich sagen. Der Song „Shades of Magenta“ hat viel damit zu tun. Es ist ein unschuldiger Gesang auf unsere animalische Dimension.

Wie sieht es mit den Improvisationspartien aus? Übernehmen die Jazzmusiker die Improvisation, während sich die Streicher an die Partitur halten?

Es ist eine Wechselwirkung zwischen vorgegebenen Elementen und spontaner Improvisation. Ich liebe diese Dynamik im Zusammenspiel der beiden „Ensembles“ und das musikalische Resultat findet in den meisten Fällen meinen Beifall.

Lassen Sie mich am Schluss die Einsame-Insel-Frage stellen. Welches Album würden Sie mitnehmen – abgesehen von Ihrem Kontrabass natürlich…

Ich denke, The Köln Concert von Keith Jarrett. Das ist das erste, was mir da in den Sinn kommt. Tut mir leid, Johann Sebastian Bach! (lacht)

Interview: Evi Balatsiou/Petros Klampanis. Übersetzung: A. Tsingas. Foto: Sevi Tsoni. Website des Künstlers: www.petrosklampanis.com

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