Klassiker als Comics: Dionysios Solomos

Eine Adaption der „Frau von Zakynthos“ durch den österreichischen Künstler Lenz

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Immer mehr Klassiker werden als Comics oder Graphic Novels adaptiert, jetzt auch ein Werk des griechischen Nationaldichters Dionysios Solomos vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Lilia Diamantopoulou, Uni Wien, und der österreichische Künstler Lenz haben sich im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts und der Ausstellung COLABOR daran gewagt und für diablog.eu ihre Zusammenarbeit beschrieben.

Wie kann Kunst geisteswissenschaftliche Forschung vermitteln?

Dies war das Thema von „Illustrationhub – Kunst als Sprache der Wissenschaft“, einem vom Wissenstransferzentrum Ost in Kollaboration mit der Universität für angewandte Kunst Wien und dem DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung organisierten Projekt. Es nahmen je neun KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen teil, die sich Ende Januar 2017 erstmals gemeinsam trafen und sich in Zweierteams zusammenfanden. Das Ziel war, dass die Künstlerinnen und Künstler bis April ein Kunstwerk schaffen, welches Teile der Forschungsarbeit der Wissenschaftlerin oder des Wissenschaftlers vermittelt. Die fertigen Arbeiten wurden dann am 17. April im Rahmen der Ausstellung „COLABOR – ArtScience“ im Lichthof der Angewandten ausgestellt.

Comiczeichnung

Beim ersten Projekttreffen beschlossen der Künstler Lenz und Univ. Ass. Dr. Lilia Diamantopoulou, Dozentin für Neugriechische Studien an der Universität Wien, dass sie dieses Projekt gemeinsam machen möchten. Beide verbindet auf unterschiedliche Weise eine profunde und langjährige Beschäftigung mit Comics und Graphic Novels. Lenz schreibt und zeichnet als Künstler Comics während sich Lilia Diamantopoulou als Literaturwissenschaftlerin analytisch mit Comics und Comicadaptionen beschäftigt.

Die beiden setzten sich das Ziel, mittels einer Publikation einen Einblick in die Geschichte der griechischen Literatur zu schaffen. Doch wie erarbeitet man sich in dieser kurzen Zeit eine Übersicht über dieses riesige Themengebiet? Lenz, von Lilia Diamantopoulou überhäuft mit Texten, Büchern, Informationen und Inputs, entschied sich dafür, sich auf einen neugriechischen Autor zu konzentrieren und durch eine Comicadaption eines seiner Werke einen Zugang zu dessen Zeit und Umfeld zu finden. Spontan wählte er „Die Frau von Zakynthos“ von Dionysios Solomos, weil ihn die wilde Sprache des Textes inspirierte. Auch war er an der Herausforderung interessiert, einen derart enigmatischen Text wie „Die Frau von Zakynthos“ als Comic zu adaptieren.

Comiczeichnung

Der Dichter Dionysios Solomos schrieb „Die Frau von Zakynthos“ um das Jahr 1826, es blieb aber Fragment, wie fast alle seine Werke. Trotzdem (oder vielleicht deshalb?) spürt man in diesem Romanfragment die aufgewühlte Zeit, in der es verfasst wurde. Wie in einem Fiebertraum wandelt der Mönch Dionysios, das Alter Ego des Dichters selbst, über die Insel Zakynthos. Er wird von einem Rudel wilder Hunde bedroht, begegnet Menschen auf der Flucht vor der am Festland wütenden Revolution und beschreibt eindrücklich die Frau von Zakynthos als Symbol des Bösen schlechthin. Währenddessen ist über weite Teile der Erzählung das bedrohliche Kanonendonnern auf die von den Osmanen belagerte Stadt Messolongi zu hören.

Die Schwierigkeiten einer Umsetzung, die aus den spezifischen Eigenarten des Dichters resultieren, veranlassten Lenz dazu, sich eingehender mit Fragen des künstlerischen Prozesses und der Adaption zu beschäftigen. Ist eine Adaption lediglich das Übersetzen der wichtigsten Fragmente in ein anderes Medium oder ist vielleicht auch auch das Nachvollziehen und Emulieren des „Klebers“, der diese Elemente verbindet, eine mögliche Adaption?

Comiczeichnung

Im entstandenen Heft „Solomos“ entschied er sich, beide Arten der Adaption auszuprobieren. Im ersten Teil dokumentiert er seine persönliche Auseinandersetzung mit der Zeit des Griechischen Unabhängigkeitskrieges und seine Beschäftigung mit den Ideen der Romantik, welche Dionysios Solomos umgaben und beeinflussten. Er ist, wie der Ausgangstext, fragmentarisch gehalten, um so nach romantischem Vorbild ein Ventil ins Unendliche offenzuhalten. Im zweiten Teil wendet er dann das im vorangegangenen Abschnitt Erarbeitete an: Er adaptiert das erste Kapitel aus „Die Frau von Zakynthos“ möglichst dem Originaltext getreu in Comicform.

„Solomos“ ist der Versuch, ein komplexes Thema nicht nur didaktisch zu vermitteln, sondern es subjektiv selbst zu erfahren. Diese Erfahrung wird mit den Lesenden mittels einer Geschichte geteilt, die sowohl den Zeitgeist des Jahres 2018 als auch jenen aus der Zeit des Dichters Dionysios Solomos in sich trägt. Somit ermöglicht „Solomos“ einen modernen Zugang zu diesem wichtigen Text der frühen neugriechischen Literatur.

Text: Lilia Diamantopoulou/Lenz. Illustration: Lenz.

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