Die Rockmusik-Szene in Griechenland

Artikel von Nikos Tolis

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Ελληνικά (Griechisch)

5 Jahre-Mixing Root Festival“: Am 14. Oktober 2017 findet im Ballhaus Berlin ein Rockkonzert statt. Ein passender Anlass für Nikos Tolis, auf diablog.eu die zeitgenössische Rockmusik-Szene in Griechenland zu beschreiben.

Plakat Rockkonzert

Wenn man die aktuelle griechische Rock-Szene beschreiben will, fällt eine Tatsache sofort auf: Das kreative Potenzial der Künstler erlebt gerade einen Höhenflug. Heutzutage ist es nämlich viel einfacher als früher, sich musikalisch auszudrücken und sein Produkt mit dem Publikum zu teilen. Noch wichtiger als die steigende Produktion ist aber der Fakt, dass es gegenseitige Beeinflussungen und Kooperationen mit Märkten außerhalb der kleinen griechischen Szene gibt. Dabei reden wir nicht von einzelnen Großereignissen, sondern von einer Zusammenarbeit, die Zeit zum Reifen hat und dadurch auch beim Publikum immer beliebter wird und die Popularität von Bands und einer ganzen Musikrichtung in ungeahnte Höhen schnellen lässt. Der harte Rock-Sound ist heute keine Insiderangelegenheit mehr, sondern hat eine solide und breite Basis gefunden.

Der griechische Musikgeschmack spiegelte traditionellermaßen anatolische Einflüsse wider und die Unterhaltungsmusik beinhaltete weder niedrige Frequenzen noch lautes Schlagzeug, E-Gitarren oder rauen Schreigesang. Ein solcher Klang passte nicht zur Persönlichkeit und kulturellen Identität des Durchschnittsgriechen. Obwohl die Gruppe „Socrates“ in den 70er-Jahren im In- und Ausland vor großem Publikum auftrat, obwohl die Bands „Trypes“ und „Xylina Spathia“ in den 90er-Jahren die größten Clubs füllten, standen sie doch allein auf weiter Flur und blieben ein exklusiv griechisches Produkt für das einheimische Publikum. Zwar haben sie die jüngeren Musiker- und Hörergenerationen stark beeinflusst und diesen Sound quasi in die griechischen Wohnzimmer gebracht, aber ihre Bemühungen blieben ohne große Folgen. Sie konnten mit den Entwicklungen in Ländern nicht Schritt halten, in denen dieser Sound eine längere Tradition hat.

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Heutzutage sieht die Situation ganz anders aus. Die Rockmusik ist, wie in den meisten europäischen Ländern, auch in Griechenland in Mode gekommen. Die größten Musikfestivals werden mit Künstlern aus der Rockszene bestückt, immer mehr Bars, Clubs und Cafés spielen Rocksongs und ein immer größeres Publikum amüsiert sich zu diesen Rhythmen. Die größte Rolle spielte dabei die rasant steigende Zahl von Rockformationen, die professionell agieren und Ergebnisse präsentieren, die hinter den großen Namen aus der internationalen Szene keineswegs zurückstehen.

Über das Interesse hinaus, das diese Bands innerhalb der griechischen Grenzen finden, steigt auch ihre Popularität im Ausland. Und das ist der beste Beweis für ihre Qualität. Griechische Rockbands füllen Veranstaltungsorte in ganz Europa und touren regelmäßig entweder als Vorbands von großen Stars – bei Einzelkonzerten oder auf großen Festivals -, aber auch selbst als „Headliners“. Wer ist hier vor allem zu nennen? Mit Sicherheit zwei Bands, die durch die Qualität und die Nachhaltigkeit ihrer Arbeit grundlegend zur Etablierung dieser Musikkultur in Griechenland beigetragen haben: „Last Drive“ und „Nightstalker“. Diese beiden Gruppen, die seit 30 Jahren diesen rauen Sound repräsentieren, bilden auch aktuell noch immer die Crème de la Crème einer Szene, die sich gerade auf ihrem Höhepunkt befindet. Diesen Bands gelingt es nach wie vor, sich bei jedem Projekt weiterzuentwickeln und bei Live-Auftritten sowie Plattenproduktionen immer wieder aufs neue zu überraschen. Sie bilden das Rückgrat der größten einheimischen Festivals und sind würdige Vertreter der aktuellen griechischen Rockszene.

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Die gute Nachricht dabei ist: Sie stehen nicht mehr allein auf weiter Flur. Hier muss eine Band genannt werden, die den Rocksound überaus populär gemacht hat und deren Konzerte in Griechenland stets ausverkauft sind. Der europäische Markt erscheint schon fast zu eng für die „1000mods“ aus Chiliomodi bei Korinth. Ihnen ist es durch ihre hochprofessionelle Arbeit und ihre konsequenten und bemerkenswerten Platten gelungen, den früher kleinen und engen Kreis der griechischen Rockfans erheblich zu erweitern. Sie ziehen Publikum an in einem Genre, das aufgrund ihrer Erfolge kein „Underground“ mehr ist. Dazu kommt die Gruppe „VIC“ aus Ioannina, die die Volkstradition der Klarinettenmusik mit harten E-Gitarrenklängen kombiniert. Dadurch haben sie noch breitere Hörerschichten ansprechen können und die Ästhetik und Kultur der Rockmusik noch weiter verbreitet. Ich will es dabei belassen, denn die Zahl der derzeit aktiven Rockbands in Griechenland sprengt bei weitem den Rahmen eines kurzen Übersichtsartikels.

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Alle diese Bands verstehen sich als Gruppe und unterstützen sich gegenseitig. Das trägt dazu bei, dass das Niveau der Tonaufnahmen und Live-Auftritte kontinuierlich hoch bleibt. Dadurch stieg auch die Anzahl und Qualität der Rockfestivals in Griechenland, der Einfluss dieser Musikkultur im Allgemeinen und der Eindruck, dass vor Ort hervorragende Arbeit geleistet wird. Die Zeit wird zeigen, wie sich diese Musikszene weiter entwickelt, aber jedes Jahr überrascht sie uns mit neuen und anregenden Produktionen.

Nikos Tolis organisiert seit 2001 Konzerte (Pre-Post, Showbox Festival), schreibt für das Magazin rockway.gr und arbeitet als Musikredakteur für verschiedene Radio- und Fernsehsender. Nach der Absolvierung des Studiengangs Veranstaltungsmanagement und Marketing an der Universität Amsterdam kehrte er 2011 in seine Heimatstadt Preveza zurück. Dort betreibt er die Bar „Apothiki“ und die Firma db Sounds.

Text: Nikos Tolis, Übersetzung: Michaela Prinzinger. Fotos: Kostas Stamoulis, Plakat: Petros Voulgaris.

Zur Reihe anlässlich des fünfjährigen Bestehens von Mixing Roots Productions zwischen 1. Oktober und 7. November 2017: https://www.facebook.com/events/239439043236436/

Dieser Beitrag ist auch verfügbar auf: Ελληνικά (Griechisch)

3 Gedanken zu „Die Rockmusik-Szene in Griechenland“

  1. Danke für diesen tollen Beitrag und schöne Grüße aus Wien.
    Hier ist leider die griechische Musik bei “Sirtaki” stehengeblieben, obwohl wir in den letzten Jahren tolle Auftritte wie IMAM BAILDI, LOCOMONDO oder aber auch VIC hatten.

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    • Leider bleibt Österreich oft außen vor bei Tourneen griechischer KünstlerInnen. Und das, obwohl eine große Anzahl von Griechen im Raum Wien lebt. Das sollte sich ändern!

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  2. Leider bleibt Österreich oft außen vor bei Tourneen griechischer KünstlerInnen. Und das, obwohl eine große Anzahl von Griechen im Raum Wien lebt. Das sollte sich ändern!

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